Warum man Karpfen nicht barfuß essen kann

Tirschenreuth. Viele werden diese Regel aus Kindertagen kennen: barfuß laufen (oder sich im Freien auf den Boden setzen) sollte man nur in den Monaten ohne „r“. Karpfen essen, so der Merkspruch, kann man dagegen ausschließlich in den Monaten mit „r“. Bei regelkonformem Verhalten werden wir daher nie in den Genuss kommen, Karpfen barfuß zu genießen.

Doch warum eigentlich? Letztlich hängen beide Leitsätze mit der Außentemperatur zusammen. Barfuß laufen erlauben besorgte (Groß-)Eltern ihrem Nachwuchs erst bei entsprechend milder Witterung, wie sie im Idealfall von Mai bis August (also in Monaten ohne „r“) herrscht. In den warmen Monaten fühlt sich auch der Karpfen pudelwohl, denn das ist für ihn die Zeit, um sich richtig satt zu fressen. Bei all der Schlemmerei leidet die Fleischqualität vorübergehend. (Manch einer will hier durchaus Parallelen zum Menschen sehen.)

Guter Geschmack hat Tradition

Karpfen
Ihm schmeckt’s nur, wenn es warm ist – der Karpfen ist ein wahrer Sonnenanbeter. Bildnachweis: Michel Roggo

Der Organismus des Karpfens läuft auf Hochtouren, angeregt durch die warmen Wassertemperaturen ist er ständig auf Nahrungssuche und setzt die aufgenommene Energie dann direkt in Wachstum um. So verdreifacht er beispielsweise allein im dritten Sommer sein Körpergewicht und erreicht damit die übliche Speisegröße von 1,3 bis 1,5 kg. Durch diese „Höchstleistung“ ist das Fleisch zwischenzeitlich etwas weicher und von schlechterer Qualität als im Herbst oder Winter. Deswegen ist Karpfen seit jeher ein Saisonprodukt – guter Geschmack hat eben Tradition.

Natürlich könnte man den Karpfen rein theoretisch auch im Hochsommer in „Winterlaune“ versetzen, indem man ihn in kühles Wasser umsetzt. Dort steht wenig bis keine Naturnahrung zur Verfügung und bei diesen Temperaturen vergeht dem Karpfen sowieso der Appetit. Dagegen sprechen jedoch zwei gewichtige Gründe. Zum einen ist es wenig nachhaltig, im Sommer – wenn tendenziell weniger und wärmeres Wasser zur Verfügung steht – künstlich für entsprechende Bedingungen zu sorgen. Zum anderen wäre dieses Verfahren nicht im Sinne des Tierwohls, denn einen solchen sommerlichen Kälteschock steckt der Karpfen ganz schlecht weg.

Moselwein zum Abschied

Im Herbst, wenn die Wassertemperaturen sowieso langsam sinken, kommt er sehr gut mit dem Umsetzen in die kühleren Hälterungsgewässer zurecht. Doch direkt aus der hochsommerlichen Fresslaune heraus ist solch ein Umzug eine große Belastung für den Karpfen-Organismus. Selbst wenn man die Temperatur mit hohem Aufwand stufenweise reduziert, bleibt ein großes Verlustrisiko. Karpfen im Sommer – das passt also einfach nicht. Weder zur Tradition noch zu modernen Aspekten wie nachhaltiger Erzeugung und Tierwohl. Daher endet mit dem April die Karpfensaison – für die Sommermonate muss der regionale Fischliebhaber auf Forelle, Saibling und Co. umsteigen.

Wer zum Abschied vor der Sommerpause noch einmal Karpfen genießen will, kann sich beim „Karpfenfinale mit Moselwein“ verwöhnen lassen. Vom 15. bis 17. April bieten das Fischerstüberl Bächer (Muckenthal), der Gasthof Goldene Krone & Weißes Roß (Kemnath) und der Gasthof Prinzregent Luitpold (Waldsassen) besondere Menüs mit Karpfen und edlen deutschen Weinen an. Und wenn man dann nach der vorrübergehenden Abstinenz im September endlich wieder frischen Karpfen auf den Teller bekommt, zieht man dafür doch gerne die Schuhe an.

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