Schmerzpflaster-Prozess: Sohn im Zeugenstand

Weiden. Auch am zweiten Prozesstag im Fall des Drogenhandels mit Fentanyl-Pflastern hörte die Strafkammer weitere betroffene Ärzte. Ein Teil hatte bereits zu Verhandlungsauftakt am Dienstag ausgesagt: Das Muster mit dem die Angeklagte vorging, war nahezu identisch. Im Zeugenstand waren heute auch der Sohn der Angeklagten, Gutachter und Kriminalpolizisten. 

Von Kristine Mann

Schmerzpflaster Prozess Gerichtsverhandlung, Fentanyl, Landgericht Weiden6

Ein Sachverständiger vom Kriminalamt bewertete im Gerichtssaal die toxikologischen Gutachten von Mutter und Sohn. Dazu wurden Haarproben der beiden im Labor analysiert. Im Bezug auf die Ergebnisse der Fentanyl-Konzentration bei der Probe des Sohnes waren sich Labor und Sachverständiger einig: “Es waren die höchsten Werte, die jemals gemessen wurden.” Kein Wunder, soll sich der Sohn das ausgekochte Fentanyl verdünnt mit Ascorbinsäure und Wasser in den Handrücken gespritzt haben. Auch Haschisch und Methamphetamin könnten nach dem toxikologischen Gutachten in kleinerer Menge konsumiert worden sein.

Im Gutachten der Angeklagten spricht auch alles dafür, dass sie regelmäßig Methamphetamin konsumierte. “Wegen der erhöhten Werte gehen wir von mehreren Konsumeinheiten pro Tag aus”, so der Experte. Fentanyl-Spuren waren auch bei ihrer Probe zu finden, aber deutlich weniger als bei ihrem Sohn. Der Konsum von Kokain und Cannabimimetika lag wohl nur sporadisch vor.

Wohnungsdurchsuchung: Bongs, Haschisch, gebrauchte Fentanyl-Pflaster

Der Sohn der Angeklagten war heute auch als Zeuge im Gerichtssaal geladen. Aussagen wollte er aber nichts, er nahm von seinem Recht Gebrauch die Aussage zu verweigern. Dafür berichtete ein Vertreter der Kriminalpolizei Weiden vom Tag der Wohnungsdurchsuchung bei Mutter und Sohn, nur wenige Stockwerke trennen die beiden. Die Wohnung des Sohns sei in einem “desolaten Zustand” gewesen, Küche und Wohnzimmer völlig vermüllt. Er erzählt von etwa zehn gebrauchten Spritzen und 70 verbrauchten Fentanyl-Pflastern, die die Beamten finden. Zentimeterhohe Staubschichten, Bongs und Kippen sind in der Wohnung verteilt. Im Kühlschrank finden die Beamten einen Brocken Haschisch. Auch Gaskartuschen tauchen auf, ob der Sohn der Angeklagten damit die Fentanyl-Pflaster aufgekocht habe, sei aber nicht bekannt. Während die Polizisten die Wohnung durchsuchen, sitzt der Sohn der Angeklagten auf der Schlafcouch. Vom Tiefschlaf noch nicht ganz bei sich, ansonsten aber unauffällig.

In regelmäßigen Abständen stand die Angeklagte in verschiedenen Arztpraxen – bei 24 Ärzten in Weiden und näherer Umgebung – und verlangte rezeptpflichtige Fentanyl-Pflaster für ihren Sohn. Wohl auch oft bewusst kurz vor Ende der Sprechstunde, zwischen Tür und Angel. Nach einem Tumorleiden und mit seit der Bestrahlung einhergehender Veränderungen der Wirbelsäule leide ihr Sohn an starken Schmerzen. Für jeden Arzt sei das nachvollziehbar, entsprechende Nachweise seien vorgelegen. Zusätzlich habe Jutta M. Druck ausgeübt, sie sei eindringlich gewesen, sogar frech. “Ihre Besuche waren nicht sehr erfreulich”, so einer der Betroffenen. Oft schimpfte sie. Nicht nur einmal habe sie unter Tränen das drastische Krankheitsbild geschildert.

Bei der Zeugenaussage zeigte sich eine Ärztin bestürzt von der ganzen Geschichte: “Ich habe mit dem besten Gewissen gehandelt”, sagt sie Vorsitzdendem Richter Leupold. Gut ein Viertel der erhaltenen rezeptpflichtigen Fentanyl-Pflaster verkaufte die vorbestrafte Angeklagte schließlich weiter.

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