Flüchtlinge – Für Tirschenreuth kein Problem

Tirschenreuth. Mehr als 900 Flüchtlinge sind bis jetzt schon im Landkreis Tirschenreuth untergebracht worden – in der Bevölkerung wird dies teils kritisch wahrgenommen. Um jedoch die tatsächlichen Folgen dieser Sondersituation herauszufinden, traf sich der Tirschenreuther Bürgermeister Franz Stahl mit den Vertretern, die wirklich hautnah mit den Asylbewerbern zu tun haben.

Von Daniel Meinl

Gleich zu Beginn des Gesprächs mit Vertretern von Kirche, Schulen, Polizei und Politik, betont Franz Stahl, er wolle nicht von einem Flüchtlingsproblem sprechen – es ist vielmehr eine Herausforderung, die es zu lösen gilt. 906 Asylsuchende befinden sich aktuell im Landkreis – 149 davon in Tirschenreuth selbst. In den nächsten 12 Monaten könnten 2.000 weitere dazukommen. Deshalb fordert Stahl auch Solidarität, denn ohne sie wäre die Aufgabe nicht zu stemmen:

Es kommt nur darauf an, wie ich mit der Herausforderung umgehe, nicht ob jetzt 20, 30 oder 60 Flüchtlinge kommen.

In Tirschenreuth hat man schon seit 2003 mit Asylsuchenden zu tun. Oberste Priorität war es unter dem “Tirschenreuther Modell” mit der Hilfe der KEWOG dabei immer, die Flüchtlinge auch menschenwürdig unterzubringen. Dies soll nun auch Beispiel für die anderen Kommunen sein – größere Schwierigkeiten gab es in Tirschenreuth nie.

Franz Stahl
Franz Stahl greift beim Umgang mit Asylsuchenden auf eine langjährige Erfahrung zurück. Schon seit über 10 Jahren ist Tirschenreuth in der Flüchtlingspolitik aktiv.

Die gibt es auch jetzt nicht, bestätigt Jürgen Kundrat, Geschäftsführer der Caritas: “Es ist schon eine Belastung, aber die nehmen wir gerne auf uns.” Jedoch nur mit Hauptberuflichen ist die Arbeit nicht mehr zu leisten. Weitere ehrenamtliche Helfer sind deshalb immer willkommen. Auch die räumliche Situation der Caritas ist momentan kompliziert – man ist aber in guten Gesprächen mit anderen Anbietern.

Schulen und Kindergärten benötigen mehr Personal

Einfach ist es in der Schule auch nicht. Unter den 300 Schülern in der Mittelschule sind gerade 25 asylsuchende Kinder. Die Schwierigkeit hier ist vor allem, dass die Gruppen nur tröpfchenweise an die Schule kommen, und die Kinder so immer auf einem unterschiedlichen Lernstand sind. Für eine Übergangsklasse fehlen die Lehrer – die nötigen Mittel würden gestellt werden.

Marianne Stangl
Es ist nicht alles einfach, berichtet Marianne Stangl von der Mittelschule. Größere Probleme gäbe es aber nicht.

Ähnliche Probleme haben auch Grundschule und Kindergärten: Gabriele Grünwald von der Grundschule fehlt weiteres Personal, Monika Zeitler vom katholischen Kindergarten bräuchte mehr Räume und weitere Betreuer – höchstens am Nachmittag könnten noch Flüchtlingskinder aufgenommen werden. Ursula Roper vom evangelischen Kindergarten hätte ab September wieder freie Kapazitäten; bisher läuft hier alles reibungslos:

Manche Eltern hatten einzelne Bedenken, aber die konnten schnell ausgeräumt werden.

In der Berufsschule gibt es sogar schon zwei Klassen, eine dritte wird bald kommen, berichtet Sozialdienstleiter Peter Gold. Im Gegensatz zu den anderen Berufsschulklassen, stehen hier aber Sprache und soziale Kompetenzen im Vordergrund.

Nur 25 Polizeieinsätze im letzten Jahr

Das positive Gesamtbild der momentanen Situation kann auch Polizeihauptkommissar Werner Schönfelder bestätigen:

Durch die Flüchtlinge hatten wir bislang keine Probleme, keine sicherheitsrelevante Störung. Natürlich gibt es mal einen Streit oder Ladendiebstahl, aber nie etwas größeres und es bleibt meist innerhalb der Unterkunft. 2015 hatten wir an der Bärnauer Straße nur 25 Einsätze, und da ging es nicht immer um Straftaten.

Auch bei Großveranstaltungen wie dem Faschingszug hatte Schönfelder keine Bedenken gehabt.

Werner Schönfelder
Sicherheitsbedenken hat Werner Schönfelder wegen den Flüchtlingen keine.

KEWOG hat viel vor

Insbesondere für die menschenwürdige Unterbringung setzt sich Bernd Büsching, Vorstandsvorsitzender der KEWOG, ein – Zelte oder Turnhallen sollen nicht die Lösung sein. Bislang funktioniere dies gut, Bürgermeister und Landrat stehen hinter ihm – nur manche Teile der Bevölkerung nicht. Trotzdem zeigt sich Büsching kämpferisch:

Die Erweiterung der Wohnsituation in Tirschenreuth wäre kein Problem, wir können schnell bauen! Tirschenreuth hat hier eine echte Möglichkeit sich abzuheben.

Bernd Büsching
Bernd Büsching kündigt mit der KEWOG mehrere Projekte an.

Wir werden weiter massiv in die Spur gehen, werden überall bauen, wo wir Baurecht haben oder bekommen. Selbst in vier oder fünf Jahren haben wir dann für jeden eine Unterkunft, dann ist das alles auch kein Thema mehr,

prophezeit der KEWOG-Vorsitzende. Trotzdem sei die Arbeit der Helfer wichtiger als jedes Gebäude, weiß er. Peter Gold betont in diesem Zusammenhang aber auch die Wichtigkeit, es zu keiner “Ghettobildung” kommen zu lassen. Aus diesem Grund ruft Bürgermeister Stahl auch weiter die Einwohner dazu auf, den Asylsuchenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Ein neuer “Raum der Begegnung”

Ein Problem wird sogar direkt vor Ort behoben. Maria Staufer vom AK Asyl wünscht sich einen Raum der Begegnung in der Stadt – denn “da passiert Integration”. Büsching fallen spontan leere Räume in der St. Peter ein – diese will er sogar kostenfrei zur Verfügung stellen.

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