Lockt das Verkaufsverbot die Böllerfans nach Tschechien?

Waidhaus. Erst kurz vor Weihnachten mussten drei junge Männer ihre 450 Kracher der Polizei in Waldsassen überlassen. Die Gesetzeshüter warnen vor dem Kauf der gefährlichen und illegalen Feuerwerksartikel aus dem Nachbarland.

Silvester, wie man es aus Vor-Corona-Zeiten kennt. Heuer könnte der Himmel wieder ziemlich finster bleiben. Der Verkauf von Feuerwerkskörpern wurde verboten. Der pyrotechnischen Industrie brechen 95 Prozent ihres Jahresumsatzes weg. Foto: Pixabay/nck_gsl

Wie schon 2020 wird auch heuer der Rutsch ins neue Jahre wahrscheinlich relativ geräuscharm über die Bühne gehen. Anfang Dezember hatten sich Bund und Länder auf ein Verkaufsverbot von Feuerwerksartikeln geeinigt. Auch wenn hierzulande keine Raketen und Kanonenschläge zu haben sind, an Pyrotechnik kommen die Kracher-Fans trotzdem ran, im benachbarten Tschechien zum Beispiel.

Erst zwei Tage vor Heilig Abend mussten drei Männer aus Thüringen ihre 450 Böller unfreiwillig den Polizeibeamten in Waldsassen aushändigen. Erwischt wurde von den Gesetzeshütern in der Klosterstadt außerdem ein Paar aus Baden-Württemberg, dass ihre Silvesterparty nun ohne Kracher, dafür aber mit einem Strafverfahren an der Backe feiern kann. Und auch am Grenzübergang Waidhaus, nimmt seit Anfang Dezember der Böller-Transport von Ost nach West Fahrt auf.

Tschechische Böller sind preiswerter

Dass sich die Silvesterfans nun aber kollektiv in Tschechien eindecken, um zum Jahreswechsel im heimischen Garten einen Mordskrach veranstalten zu können, das kann der Pressesprecher der Bundespolizeiinspektion Waidhaus, Hans Miesbeck allerdings nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil. Wegen des Lockdowns und der sich verschärfenden Einreiseregeln ist der Böller-Tourmismus um fast 50 Prozent zurückgegangen. “Aber aktuell ziehen wir immer wieder jemanden raus, der verbotene Kracher im Gepäck hat”, erzählt Miesbeck. Die Böller sind preisgünstiger als hierzulande und haben deutlich mehr Sprengkraft.

In Waidhaus haben es Profi-Entschärfer in der Vergangenheit schon mal öffentlichkeitswirksam richtig krachen lassen. In einen Krautkopf ist zunächst ein deutscher Böller hineingesteckt worden. Die Explosion zerrupfte das Gemüse an der Detonationsstelle. Im zweiten Anlauf ist ein daumengroßer Labomba-Kracher aus Tschechien in dem Gemüse deponiert worden. Und der hatte den Krautkopf regelrecht zerfetzt. Nicht selten sind nämlich die Feuerwerkskörper aus dem Nachbarland statt mit Schwarzpulver tatsächlich mit Sprengstoff befüllt.

Brandgefährlich: Zündschnüre können zu kurz sein

“Im Umkreis von bis zu 20 Metern lagen die Kohl-Teile rum”, erinnert sich Miesbeck. Man stelle sich vor, so ein Teil explodiert in der Hand, weil die Zündschnur viel zu kurz ist, betont der Pressesprecher. Nicht weniger eindrucksvoll war ein anderes Experiment. Experten hatten in Waidhaus drei sogenannte chinesische Blitzgranaten zusammengebunden und im Heck eines alten Polo gezündet. “Der Wagen ist förmlich in die Luft geflogen”, erinnert sich Miesbeck.

Tschechische Kracher haben kein Sicherheits-Siegel

Und genau hier besteht die Gefahr. Im Gegensatz zu deutschen Böllern, die alle getestet sind und das CE-Prüfkennzeichen tragen, fehlt den tschechischen Knaller dieses Sicherheits-Siegel. Wer sich also als Tschechien-Ausflügler noch ein paar krachende Mitbringsel etwa vom Asiamarkt ins Reisegepäck stopft, verstößt gegen das Sprengstoffgesetz und macht sich strafbar.

Klar, dass er dann seine Böller abliefern und nebenbei auch für deren Beseitigung zahlen muss. “Die werden bei uns in einem Spezialbehälter gesammelt und dann zum Entsorgen gebracht”, erzählt Miesbeck. Ob man in Tschechien überhaupt Kracher erwerben kann, die man ganz legal nach Deutschland einführen kann, weiß Miesbeck nicht. Auf vielleicht vorhandene CE-Siegel sollte man sich, seiner Ansicht nach, jedoch nicht unbedingt verlassen. “Die könnten gefälscht sein”, warnt der Pressesprecher.

95 Prozent des Jahresumsatzes ist futsch

Die Mitgliedsbetriebe des Verbands der pyrotechnischen Industrie würden liebendgerne ihre CE-zertifizierten Feuerwerkskörper loswerden. Doch auch heuer bleiben sie wegen des Verkaufsverbots drauf sitzen. “Unsere Branche macht 90 bis 95 Prozent ihres Jahresumsatzes an den drei Tagen vor Silvester”, betont Verbandssprecher Klaus Gotzen.

Viele Betriebe würden mit dem Rücken zur Wand stehen. Dass man mit Blick auf das Infektionsrisiko Menschenansammlungen vermeiden wolle, sei für ihn nachvollziehbar. “Aber es wäre machbar gewesen, im heimischen Garten und im Kreis der Familie sein privates Silvesterfeuerwerk abfeuern zu können”, ist Gotzen überzeugt.

Welche Corona-Regeln gelten an Silvester?

Auf Anfrage des OberpfalzECHO hat man beim Bayerischen Gesundheitsministerium die Corona-Regeln speziell für Silvester noch einmal zusammengefasst:

Geimpfte und Genesene dürfen sich im Rahmen von privaten Zusammenkünften mit maximal zehn Personen treffen. Sobald eine ungeimpfte Person dabei ist, gelten die Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Somit sind private Zusammenkünfte, egal ob im privaten oder im öffentlichen Raum, an denen auch Ungeimpfte teilnehmen, grundsätzlich nur mit Mitgliedern des eigenen Hausstandes sowie höchstens zwei weiteren Personen eines weiteren Hausstands möglich – und zwar unabhängig von deren Impfstatus. Kinder unter 14 Jahren zählen nicht dazu.

Für private Veranstaltungen außerhalb privater Räumlichkeiten, zum Beispiel in angemieteten Räumlichkeiten, gilt die Obergrenze von zehn Personen ebenfalls. Tanzveranstaltungen sind untersagt.

Sperrstunde aufgehoben

Um zumindest im kleinen Kreis auch in der Gastronomie Silvester feiern zu können, ist am 14. Dezember 2021 beschlossen worden, die angeordnete Sperrstunde in der Gastronomie (22 Uhr bis 5 Uhr) für die Silvesternacht aufzuheben. Die einmalige Aussetzung scheint mit Blick auf die Besonderheiten des Jahreswechsels geboten.

In Bayern gibt es an Silvester auf publikumsträchtigen Plätzen und ihrem weiteren Umfeld ein landesweites Verbot von Menschenansammlungen, die über zehn Personen hinausgehen. Die hiervon konkret betroffenen Gebiete müssen die Kreisverwaltungsbehörden festlegen.

Die Ministeriumssprecherin ergänzt: „Das Ministerium begrüßt, dass sich Bund und Länder bei ihren Beratungen am 2. Dezember darauf geeinigt haben, den Verkauf von Böllern und Feuerwerk zu Silvester erneut zu verbieten. Denn klar ist: Die Lage in den Kliniken ist noch immer höchst angespannt. Beim Abschießen von Feuerwerk und Böllern kommt es leider jedes Jahr zu zahlreichen Verletzungen. Das müssen wir unbedingt vermeiden, um die Kliniken nicht noch weiter zu belasten.“

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