Pressemitteilung der ILS zum Flugzeugabsturz

Neustadt/Wn/Bayreuth. Die intergrierten Leitstellen Bayreuth/Kulmbach und Nordoberpfalz arbeiteten beim Absturz der F-16 Maschine über Engelmannsreuth zusammen. In einer gemeinsamen Pressemitteilung wurde jetzt die Arbeit der Leitstellen und Einsatzkräfte genau beschrieben. Ein Protokoll:

Flugzeugabsturz F16

Zum Zeitpunkt des Notrufeinganges waren die Disponenten beider Integrierten Leitstellen Nordoberpfalz und Bayreuth/Kulmbach mit der Bearbeitung von alltäglichen Feuerwehr- und Rettungsdiensteinsätzen beschäftigt. Besondere Vorkommnisse oder örtliche Schwerpunkte waren auf beiden Seiten nicht zu verzeichnen. Nach tagelanger anhaltender Trockenheit wurde bei Waldbrandstufe 4-5 erneut Luftbeobachtung über den Forsten der Nordoberpfalz und Oberfrankens angeordnet.

Der erste Notruf

9:32 Uhr: Die ILS Bayreuth/Kulmbach erreicht die erste von insgesamt 13 Mitteilungen über Notruf 112. Die Informationen der ersten drei Notrufe der ILS Bayreuth/Kulmbach ergeben in Summe das Meldebild eines abgestürzten Düsenjets und in Folge einen Waldbrand bis dato noch unbekannten Ausmaßes, im unwegsamen Gelände.

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9:35 Uhr: Es erfolgt die Erstalamierung durch die ILS Bayreuth/Kulmbach mit dem Stichwort “Absturz Militärflugzeug”. Mehrere Kampfjets kreisen zu diesem Zeitpunkt noch immer im Tiefflug über Engelmannsreuth. Dies verängstigt die Bürger immens und ist in den Notrufgesprächen deutlich hörbar.

Die ersten Ortsangaben sind noch ungenau, reichen aber für eine hinreichend genaue Erstalarmierung. Der Lagedienst der ILS Bayreuth/Kulmbach entscheidet bis auf weiteres, alle Rettungskräfte aus dem eigenen und den benachbarten Leitstellenbereichen in die definierten Bereitstellungsräume zu schicken, um noch unbekannte Folgeaufgaben und Gefahren bearbeiten zu können und damit Reserven zu bilden.

Flugzeugabsturz August 2015

Die erste Lagemeldung

9:41 Uhr: Die erste Lagemeldung auf Sicht durch die Ortsfeuerwehr wird abgesetzt und bestätigt die Rauchentwicklung hinter der Bahnlinie im Wald bei Engelmannsreuth in Richtung Heinersreuth.

9:42 Uhr: Auch bei der ILS Nordoberpfalz gehen drei Notrufmeldungen ein. Kurz darauf werden auch hier die angeforderten Kräfte alamiert. Die benachbarten Leitstellen Amberg, Bamberg, Coburg, Nürnberg und HochFranken unterstützen zudem durch Entsendung von Gebietsabsicherungen für den Rettungsdienst. Parallel zur Erstalarmierung über Funk werden die beiden Landratsämter Bayreuth und Neustadt an der Waldnaab als Kreisverwaltungsbehörde mit ihrem Ansprechpartner „Führungsgruppe Katastrophenschutz“ (FüGK) von den beiden Leitstellen telefonisch verständigt.

Insgesamt starten vier Rettungshubschrauber aus Nürnberg, Weiden und Landsberg zu Rettungs- und Erkundungszwecken zur Einsatzstelle.

Flugzeugabsturz August 2015

Der Pilot wird gefunden

9:43 Uhr: Knapp zehn Minuten nach dem ersten Notruf wird durch die Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Oberfranken ein Bürger an die ILS Bayreuth/Kulmbach durchgestellt, der den englisch sprechenden Piloten des Militärjets am Waldrand, rund 100 Meter vor Engelmannsreuth, aufgefunden hat. Die guten Englischkenntnisse des Disponenten bringen in einem sechsminütigen Dialog wichtige Erkenntnisse über den Absturz. Zu diesen zählen unter anderem Flugzeugtyp, Treibstoffart und –menge, Anzahl der Piloten, Bewaffnung und die Flugroute.

So kann auch die Telefonnummer des zuständigen Heimatgeschwaders erfragt werden, welche der ILS Bayreuth/Kulmbach die Kontaktaufnahme mit der US-Airbase in Spangdahlem ermöglicht.

Flugzeugabsturz August 2015

Erste Einsatzkräfte an der Absturzstelle

9:49 Uhr: Die ersten Einsatz- und Führungskräfte treffen an der Absturzstelle ein.

Aufgrund der Einsatzlagen werden noch während der Notrufentgegennahme in beiden Leitstellen die mehrstufigen Personalverstärkungskonzepte aktiviert. Somit stehen in kürzester Zeit insgesamt 21 Disponenten in beiden Leitstellen zur Verfügung. Trotz des Flugzeugabsturzes können alle Regeleinsätze des Rettungsdienstes und der Feuerwehren sicher, ohne Verzögerung und in der gleichen Qualität abgearbeitet werden. Die Sofortverstärkung binnen zwei Minuten erfolgt durch die ebenfalls als Disponenten ausgebildeten Leitungs- und Digitalfunkmitarbeiter beider Leitstellen.

Christoph 80 erreicht die Absturzstelle

9:59 Uhr: Christoph 80 aus Weiden trifft als erster Hubschrauber ein. Die Schwestermaschine Christoph 27 der Luftrettung (DRF) aus Nürnberg vier Minuten später und startet, nach der Aufnahme eines Kreisbrandmeisters, erneut zum Erkunden der Einsatzstelle aus der Luft.

Flugzeugabsturz August 2015

Kurz nach 10 Uhr: Die arbeitsfähige Führungsgruppe Kathastrophenschutz (FüGK) Bayreuth-Land ist, dank der frühen Erstalarmierung beider Ansprechpartner der FüGK in den Landratsämtern Bayreuth und Neustadt an der Waldnaab schon in voller Besetzung im Katastrophenschutzzentrum des Landratsamtes verfügbar und fortan im engen Dialog mit den beiden Leitstellen, der Einsatzleitung vor Ort und dem Landratsamt Neustadt an der Waldnaab. 

10:06 Uhr: Die ILS Bayreuth/Kulmbach erreicht die Information von der ILS Nordoberpfalz, dass die Absturzstelle nähe der Landkreisgrenze im Landkreis Neustadt an der Waldnaab liegt. Nach kurzer bilateraler Abstimmung wird der Einsatz fortan zweckmäßig weiterhin durch die ILS Bayreuth/Kulmbach bearbeitet. Eine Einsatzübergabe mit allen damit verbundenen Schwierigkeiten wird beiderseits als nicht realistisch eingestuft, da der überwiegende Teil der Einsatzkräfte strukturbedingt aus dem ILS Bereich Bayreuth/Kulmbach anrückt. Eine gute Funkversorgung im Absturzgebiet ermöglicht zudem eine reibungslose Kommunikation der eingesetzten Kräfte. Die Lagedienste der beiden Leitstellen stehen bis in den späten Abend in engem Kontakt.

Über zahlreiche Kommunikationswege werden in engen Abständen Informationen, Rechercheergebnisse, Lagemeldungen und Anforderungen ausgetauscht (Karten mit den Flugrouten, Sicherheitsdatenblätter, Koordinaten, Kartenmaterial, usw.), so dass das Lagebild in den rückwärtigen Führungseinrichtungen vor dem geistigen Auge Zug um Zug facettenreicher und detaillierter wird. Neue Erkenntnisse werden zeitnah ausgetauscht, so dass alle beteiligten Führungsstellen nahezu ohne Verzug den gleichen Kenntnisstand haben.

Übungsbomben an Bord

11:15 Uhr: Allen Einsatzkräften wird von der Einsatzleitung aufgrund vor Ort gewonnener Erkenntnisse mitgeteilt, dass die Maschine mit „Übungsbomben” bestückt sei und daraufhin angeordnet, dass das unmittelbare Umfeld der Absturzstelle zu räumen ist und die Einheiten aus Eigenschutzgründen vorsorglich notdekontaminiert werden müssen.

11:22 Uhr: Die Meldung über die „Übungsbombe“ wird seitens der Polizeieinsatzzentrale Oberfranken schriftlich bestätigt. Weitere überregionale Kräfte, wie Spezialisten für Schadstoffmessungen der Berufsfeuerwehr Nürnberg, werdn in Abstimmung mit der Bezirksregierung von Oberfranken alarmiert.

Abzug der Einsatzkräfte

20:00 Uhr: Der Großteil der Rettungskräfte kann einrücken. Insgesamt werden vier Personen, darunter auch der verunglückte Pilot des Kampfjets, mit leichten Verletzungen in umliegende Krankenhäuser gebracht. Zehn Einsatzkräfte begeben sich auf dem Behandlungsplatz vor Ort mit Kreislaufproblemen zum Zwecke der Überwachung und Regeneration kurzfristig in ärztliche Obhut (verursacht durch hochsommerliche Hitze und körperliche Belastungen im Einsatz). Der Einsatz dauert bis zum nächsten Tag an, in den späten Abendstunden unterstützen die Einsatzkräfte das Militär bei der Bergung aufgefundener Übungsbomben und der Außentanks.

Fazit der Leitstellenleiter

Das einstimmige Fazit von den beiden Leitstellenleitern Jürgen Meyer und Markus Ruckdeschel am Folgetag lautet: Zu jedem Zeitpunkt dieses Großeinsatzes arbeiteten die beiden Leitstellen Bayreuth/Kulmbach und Nordoberpfalz und sämtliche beteiligten Hilfsorganisationen und Behörden ausnahmslos Hand in Hand.

Wie in verschiedenen Medien dargestellt, kam es aus Sicht der ILSen zu keinem Zeitpunkt zu einem „Zuständigkeitsgerangel“. Alle notwendigen Entscheidungen wurden mit einem hohen Maß an Kollegialität und Sachverstand zu Gunsten der reibungslosen Abarbeitung dieses Flugunfalls getroffen. Die beiden Leitstellen Bayreuth/Kulmbach und Nordoberpfalz danken allen Einsatzkräften, beteiligten Organisationen und Behörden für die sehr gute, professionelle und disziplinierte Zusammenarbeit, die zu einem mustergültigen Abschluss des Einsatzes führte.

Das bayerische System 26 untereinander kooperierender Integrierter Leitstellen hat an diesem Tag regierungsbezirksübergreifend alle Systemvorteile ausspielen können und damit eine weitere Bewährungsprobe bestanden! Hierzu trugen gleiche technische und organisatorische Standards in der Einsatzvorbereitung und Durchführung maßgeblich bei!

Bilder: Oberpfalz-Aktuell/Sven Zeilmann

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