Dr. Bernhardt
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Nach Corona-Infektion: Tristan (9) erkrankt schwer an ME/CFS

Kemnath. Der Bub war ein Energiebündel. Jetzt liegt er, geschwächt, den ganzen Tag nur mehr im Bett. Seine Eltern Simone und Ulrich Ott haben bereits 35.000 Euro für Medikamente und Behandlungen ausgegeben. Jetzt geht ihnen das Geld aus. Sie brauchen unbedingt finanzielle Unterstützung. Der Junge muss dringend zur Apherese (Blutwäsche). Eine Spendenaktion wurde gestartet.

Nach Corona-Infektion: Tristan (9) erkrankt schwer an ME/CFS

Das Zimmer ist abgedunkelt, Tristan trägt Kopfhörer. Licht und Geräusche hält er nicht aus. Foto: Simone Ott

Schwimmen, klettern, Fahrrad- und Skifahren. Sport war Tristans (9) Welt – bis zum Juli 2022. Damals fing sich der Bub zum zweiten Mal den Corona-Virus ein. Eine Infektion mit weitreichenden Folgen: Der Junge erkrankte an Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) – eine schwere neuroimmunologische Erkrankung. Heute liegt er nur mehr im Bett, das Zimmer ist abgedunkelt. Der Neunjährige trägt einen Kopfhörer. Licht oder Geräusche sind aufgrund seiner hohen Reizempfindlichkeit für ihn kaum zu ertragen.

Der Bub wird mit sehr teuren, nicht zugelassenen Medikamenten behandelt. Andere gibt es schlichtweg nicht. Die Kosten müssen die Eltern alleine tragen. 35.000 Euro haben sie schon ausgegeben. Jetzt geht ihnen das Geld aus. Die Behandlung muss aber weitergehen. Mutter Simone hat jetzt über die Plattform GoFundMe einen Spendenaufruf gestartet. 20.000 Euro werden für die nächsten medizinischen Schritte benötigt. Tristan braucht unbedingt Blutwäschen.

Mit Schutzmasken im Haus unterwegs

Simone und Ulrich Ott laufen nur mehr mit FFP3-Schutzmasken durchs Haus. Damit wollen sie verhindern, dass sich Tristan Viren oder Bakterien einfängt. Der Bub liegt stark geschwächt in seinem Zimmer. Ständig bei ihm der Pointer-Rüde Firu. “Nur der Hund kann ihm Ablenkung verschaffen. Mit ihm kann er kuscheln”, erzählt die Mutter. Firu weiß, wie schlecht es dem Buben geht. Er weicht ihm nicht von der Seite. In der Küche im Erdgeschoss hat Simone ein Babyphon aufgestellt. Für den Fall, dass der Junge auf die Toilette muss. Das schafft er alleine nicht mehr.

Zur Blutwäsche musste Tristan nach Zypern gebracht werden. Foto: Simone Ott

Albtraum begann im Juli 2022

Seit Juli 2022 befindet sich die kleine Familie aus Waldeck in diesem Ausnahmezustand. Einen normalen Alltag gibt es für sie nicht mehr. Rund um die Uhr sind die Eltern für ihren Buben da. Beide sind berufstätig. Sie können sich Gott sei Dank abwechseln. Papa Ulrich kann zwei Tage in der Woche von daheim aus arbeiten, Simone Ott hat ihre Stunden reduziert. Dann im November 2023 der nächste Schlag: Tristan erkrankt zum dritten Mal an Corona. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich weiter. Er hat Schwindelanfälle, Kopf-, Körperschmerzen, Seh- und Schlafstörungen.

Das wurde bei dem Buben bislang diagnostiziert

Bei ihm wurden mittlerweile eine Mikrozirkulationsstörung und Mikroclots, ein Mastzellaktivierungssyndrom, Pollen- und Schimmelpilzallergien, eine Entgiftungsstörung und eine Hämopyrrollaktamurie (HPU) diagnostiziert. Er leidet zudem an einer Salicylsäureunverträglichkeit. Doch dieser Stoff ist ausgerechnet in vielen Lebensmitteln enthalten. Aktuell ernährt sich der Bub hauptsächlich von Hirsen. Salicylsäure befindet sich in den Parkettböden des Hauses. “Die müssen wir alle herausreißen”, erzählt Ulrich Ott. Und gegen Fliesen ersetzen.

Kaum erforschte Krankheit

“ME/CFS gehört zu den letzten großen Krankheiten, die kaum erforscht sind”, heißt es auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS. Daher gibt es auch keine zugelassenen Medikamente, die von den Krankenkassen bezahlt werden. Und so waren und sind die Otts gezwungen vieles auszuprobieren in der Hoffnung, dass es hilft. Ihr engagierter Hausarzt hat es einmal auf den Punkt gebracht: “Ihr Kind ist leider Gottes ein Versuchskaninchen.” Im März des vergangenen Jahres sind sie mit ihrem Buben zur Apherese nach Zypern geflogen. Diese Blutwäschen wurden zu dem Zeitpunkt in Deutschland bei Kindern in Tristan Alters nicht durchgeführt. Kostenpunkt: 18.000 Euro.

VGN Nürnberg – Phase1
VGN Nürnberg – Phase1

Kurzfristige Besserung

“Es ging ihm daraufhin kurzfristig besser”, erzählt Simone Ott. Danach ging es wieder bergab. Derzeit erfolgt ein Therapieversuch mit Vedicinals. “Sollte der scheitern, wird Tristan Maraviroc benötigen”, erzählt seine Mama. Ein HIV-Medikament, das ersten Versuchen zufolge in der Lage ist, sogenannte Spikes aus dem Körper zu holen. Das ist ein Baustein des Corona-Virus, der in Tristans Körper nach wie vor sein Unwesen treibt. Der muss unbedingt raus.

“Firu” weicht seinem kranken Herrchen nicht von der Seite. Foto: Simone Ott

In Erlangen wird geforscht

Und danach muss der Bub wieder zur Apherese. Die Otts haben zwei Kliniken in Deutschland ausfindig gemacht, die sie mittlerweile auch für Kinder anbieten. Eine davon ist im Allgäu. “Doch der Junge ist so schwach. Ich weiß nicht, wie wir ihn dort hinbringen können”. Simone Ott ist verzweifelt, Tränen stehen ihr in den Augen. Hoffnungsvoll blicken die Otts nach Erlangen. Dort wird an einem neuen potenziellen Wirkstoffkandidaten gegen das Post-COVID-Syndrom geforscht. “Wir müssen Zeit gewinnen und hoffen, dass zwischenzeitlich ein wirksames Medikament entwickelt wird.”

Tristans Wunsch: “Ich will wieder zur Schule”

Und Tristan? “Der Bub ist ungemein tapfer”. Simone Ott weint. Mit Tagträumen und Kuschelrunden mit Vierbeiner Firu vertreibt er sich die Zeit. Seit September 2022 geht er nicht mehr zur Schule. Zwischenzeitlich hat ihn ein Hauslehrer unterrichtet. Doch auch das geht aufgrund des gesundheitlichen Zustands des Buben nicht mehr. Tristan hat aber einen Herzenswunsch: “Mama, ich möchte wieder in die Schule gehen können.”