Nach der Flucht: Iuliia Akulova startet in der Oberpfalz noch mal richtig durch
Nach der Flucht: Iuliia Akulova startet in der Oberpfalz noch mal richtig durch
Am 24. Februar 2022 begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Iuliia Akulova lebte damals in einer kleinen Stadt im Oblast Kirowohrad, gut 300 Kilometer südlich von Kiew gelegen. Kurz nach dem Überfall packte sie ihre Siebensachen, schnappte sich ihren Sohn Artem und flüchtete in den Westen. Seit März 2022 lebt sie im Landkreis Tirschenreuth. Und hier will die gelernte Bankkauffrau auch bleiben.
Sie fühlt sich hier wohl, sie ist akzeptiert und integriert. Und sie hat sich hier eine berufliche Existenz aufgebaut. Die heute 37-Jährige ist seit 1. März bei der Kolping-Berufshilfe in Tirschenreuth als Dozentin für die Erwachsenenbildung beschäftigt. Sie spricht Ukrainisch, Russisch, perfekt Englisch – und jetzt auch sehr gut Deutsch. “Als ich hierherkam, konnte ich kein einziges Wort”, erzählt sie mit einem Lächeln.
Deutsch gelernt in 18 Monaten
Sie hat sich hinein gekniet, wollte die Sprache ihrer neuen Wahlheimat unbedingt lernen. Bei der Kolping-Berufshilfe belegte sie einen Sprachkurs. Innerhalb von nur eineinhalb Jahren hat sie das B2-Niveau erreicht. B2 heißt: komplexe Texte verstehen, sich fließend auf Deutsch verständigen und sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert auszudrücken zu können.
Kolping suchte Dozenten
Und Iuliia war zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle. “Wir suchten für unsere Kurse für die Migranten aus der Ukraine Lehrkräfte”, erzählt der Geschäftsführer der Kolping-Berufshilfe, Rudolf Kreuzer. Und er brauchte nicht lange zu suchen. Neben Iuliaa Akulova unterschrieb auch eine andere ukrainische “Julia”, nämlich Yuliia Khopta einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Auch sie hatte erfolgreich einen B2-Sprachkurs absolviert. Auch sie ist Dozentin für die Erwachsenenbildung bei der Kolping Berufshilfe.
Traumberuf in Deutschland
“Ich wollte eigentlich schon immer Lehrerin werden”, erzählt Iuliaa Akulova. Und hier, rund 2000 Kilometer weg von ihrer Heimat, wird ihr Berufstraum tatsächlich wahr. Die 37-Jährige wohnt in Kondrau, ihr Bub besucht die Mittelschule in Waldsassen. “Wir fühlen uns hier rundherum wohl, die Leute sind ungemein freundlich.” Momentan muss sie noch mit dem Bus zwischen Kondrau und dem Arbeitsplatz in Tirschenreuth pendeln. “Aber ich mache gerade den Führerschein”, verrät sie. Hat sie Heimweh? “Ich denke oft an die Ukraine, meine Eltern leben noch dort.” Per Telefon oder via Skype hält sie den Kontakt zu ihnen aufrecht. Was sie am meisten vermisst, ist das ukrainische Essen. Ihre Schwester lebt mittlerweile auch in Deutschland.
Nur zu Besuch in die Ukraine
Irgendwann, wenn sich hoffentlich die Lage entspannt hat, wird sie wieder rüberfahren. Aber nur zu Besuch. Sie hat entschieden, hier zu bleiben, nicht zuletzt auch wegen ihres Sohnes. “Ich weiß nicht, wie die Zukunft der Ukraine einmal aussehen wird.” Rudolf Kreuzer kann das nur recht sein. Denn er will Iuliia Akulova zukünftig nicht nur als Dozentin in den Kursen für Migranten, sondern generell in der Erwachsenenbildung einsetzen.
Motiviert und gut ausgebildet
Der Geschäftsführer der Kolping-Berufshilfe kann andere Firmen nur dazu ermuntern, sich ukrainische Arbeitnehmer ins Boot zu holen. “Sie sind ehrgeizig, hoch motiviert, gut ausgebildet und haben eine hohe Lernbereitschaft.” Woran es halt noch hapere, sind die fehlenden Sprachkenntnisse. Aber auch diese Hürde lässt sich meistern. Die beiden “Julias” sind das allerbeste Beispiel.
Erfolgreiche Integrationsarbeit: So helfen Arbeitsagentur und Job-Center bei der Jobsuche
“Die Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine, aber auch aus den Hauptasylherkunftsländern nimmt deutlich zu”, freut man sich bei der Weidener Agentur für Arbeit. Durch gezielte gemeinsame Aktionen von Arbeitsagentur und Job-Center konnten bereits viele Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden.
Besonders erfolgreich seien dabei die durchgeführten Kontaktbörsen und Bewerbertage gewesen. “Daraus ergeben sich häufig Probearbeiten und im Anschluss erfolgreiche Einstellungen”, betont man bei der Agentur.
Die größten Herausforderungen bei der Integration in Arbeit sind, nach Ansicht der Arbeitsmarktexperten, neben den fehlenden Sprachkenntnissen und der Mobilität, auch das Fehlen von Wohnraum in der Nähe des Arbeitsplatzes und von Kita-Plätzen.
Es werde bereits bei mittleren Sprachkenntnissen (A2) geprüft, wo eine Integration erfolgen kann, erläutert man bei der Weidener Arbeitsagentur. “Dennoch ist es wichtig, die Sprachförderung fortzusetzen und in Qualifizierung zu investieren, wenn Geflüchtete eine Beschäftigung aufnehmen.” Bei berufsbegleitender Qualifizierung kann die Agentur für Arbeit finanzielle Unterstützung leisten und sie berät dazu auch die Arbeitgeber.




