Zu Besuch im Eisenbahnmuseum: Coronapause schädigt Modellbahn [mit Video]

Zu Besuch im Eisenbahnmuseum: Coronapause schädigt Modellbahn [mit Video]
“Jetzt fährt der ICE auf dem Güterzuggleis”, ärgert sich Horst Scheiner. Der ICE 2 bleibt im Tunnel stecken und kollidiert zu allem Überfluss auch noch mit einem Zirkuswagen. Scheiner schimpft, drückt Knöpfe, stellt Züge wieder aufs Gleis zurück. “Naja, wenigstens der Reisezugverkehr läuft jetzt”, stellt er resigniert fest.
62 Quadratmeter große Bahnanlage
Wenn das Eisenbahnmuseum geöffnet hat, läuft der Zugverkehr normalerweise zehn Stunden ohne Probleme durch. Eine 62 Quadratmeter große Modelleisenbahnanlage erstreckt sich über zwei Räume. Auf 60 Meter Streckenlänge fahren bis zu 26 Züge im Maßstab 1:87. Man kann einen ganzen Tag in dem Museum verbringen, um allein die riesige mehrstöckige Modellanlage mit unzähligen Tunneln, Bahnhöfen, einem Volksfest mit 365 Figuren, einem brennenden Finanzamt und der Weidener Miniatur-Müllverladung mit selbstgebauten Müllverladewagen zu bewundern.
Dazu gibt es auf zwei Stöcken und im Außenbereich Original-Signaltechnik, einen Original-Postwaggon, die alten Bahnhofsuhren vom Weidener Bahnhof, Uniformen und Bahnmützen, sowie ein Bahnhofsvorsteherbüro der Jahrhundertwende.
Züge entgleisen
Doch es ist Corona, das Eisenbahnmuseum hat seit zwei Jahren zu. Horst Scheiner hat mit seinen 82 Jahren ein bemerkenswertes Gedächtnis für Zahlen und Daten. Er weiß auch noch genau, wann er das letzte Mal geöffnet hat: Am 6. Januar 2020. Das Museum hat mit existenzbedrohenden Problemen zu kämpfen. Die Anlage wird kaum benutzt, dann kommt noch die Kälte dazu. Das ist nichts für die empfindlichen Züge, einer nach dem anderen entgleist. Scheiner hat einige davon daheim untersucht.
Durch die andauernde Kälte springen die Kunststofffzahnräder, die zerstören sich von selbst.
Die filigranen Modelle, einige Unikate, seien unwiderbringlich zerstört. Ersatzteile gebe es nicht mehr. Die Nachricht ist wirklich schockierend, selbst für einen Modelleisenbahnlaien.
Jahrhundertealte Geschichte
Wenn man sich hier im Eisenbahnmuseum umschaut mit mehrere Tausend Zugmodellen, darunter die größte Loksammlung der Welt mit mehr als 2.500 Lokomotiven, wird klar, dass das Eisenbahnmuseum nicht nur ein paar Zugmodelle ausstellt. Es zeigt die jahrhundertealte Geschichte des Eisenbahnwesens, einer der wichtigsten Technologien des industriellen Zeitalters. Das Museum in Weiden ist deutschlandweit renommiert, hat bereits Preise bekommen.
Führungen für Kleingruppen:
Das Eisenbahnmuseum bietet Sonderführungen für bis zu fünf Personen an, nach vorheriger Anmeldung unter der Telefonnummer 0961 / 401-7651.
Die lange Schließung hat auch Weidens Modelleisenbahnclub schwer gebeutelt. Dabei wäre jetzt ein guter Zeitpunkt für ein neues Hoch des Hobbys in Weiden. Denn der Modelleisenbahnbau erlebt einen wahren Boom. Immer mehr Leute zogen sich in Lockdownzeiten in die heimischen Keller zurück und bauten Schienen, Signalanlagen und Modelllandschaften. Hersteller verzeichnen gute Umsätze. Laut Scheiner geht es der Branche trotzdem nicht sehr gut, bereits zum zweiten Mal fällt die weltgrößte Spielwarenmesse in Nürnberg aus, bei der er natürlich immer dabei war.
Zukunft ungewiss
Den neuen Modelleisenbahnlern könnte der umtriebige Modellbauexperte einige Tipps geben. Er hat den Modelleisenbahnclub vor einem halben Jahrhundert begründet, am 28. Februar feiert der Verein sein 50-jähriges Bestehen. 1972 hat er sich gegründet. Ein Jahr später schon zog der Club in die Räume der ehemaligen Bahnmeisterei neben dem Bahnhof, mit einem einmonatigen Mietvertrag. Daraus sind 50 Jahre geworden. Wie lange das alles noch so weitergehen kann, ob das Museum schließen muss, all das vermag der Museumsleiter nicht zu sagen. Die Weichen für die Zukunft sind noch nicht gestellt.


















