Bis zum letzten Tropfen: Auch in der Oberpfalz wird das Wasser knapp
Bis zum letzten Tropfen: Auch in der Oberpfalz wird das Wasser knapp
„Wir haben uns die Regionen angeschaut, in denen es zu viel oder zu wenig Wasser gibt“, sagt Jay Famiglietti vom Global Institute for Water Security in Saskatchewan/Kanada in der SWR-Doku „Bis zum letzten Tropfen“ (siehe Video). „Und einer der Hotspots ist Deutschland.“ Im Auftrag der Nasa und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wertet der Forscher seit 20 Jahren Satellitendaten aus.
Ergebnis: Besonders in der Region um Lüneburg, in Baden-Württemberg und in Bayern ist die Austrocknung besonders eklatant. „Der Wasserrückgang in Deutschland beträgt etwa 2,5 Gigatonnen.“ Damit gehört ausgerechnet die Bundesrepublik zu den größten Verlierern weltweit. „Deutschland hat in 20 Jahren Wasser im Umfang des Bodensees verloren.“
Verhältnisse wie in Jordanien
„Der Hitzesommer und der fortschreitende Klimawandel führen zu großen Herausforderungen auch beim Thema Wassersicherheit“, sagt Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber, auf Anfrage von OberpfalzECHO. „Wir haben aktuell in Bayern bei den Regenmengen teilweise Verhältnisse wie in Jordanien.“ Um das Ziel, Wassersicherheit auch in Zukunft in allen Landesteilen zu erreichen, sei die Staatsregierung seit Jahren sehr aktiv und habe die große Strategie „Wasserzukunft Bayern 2050“ vorgelegt.
Am besten sei es, wenn sich genug Grundwasser neu bilden könne. „Deshalb laufen gemeinsam mit allen Beteiligten Maßnahmen, um den Landschaftswasserhaushalt zu stabilisieren“, fährt Glauber fort. Über interkommunale Verbünde, wo nötig in Kombination mit der Fernwasserversorgung, werde sichergestellt, dass auch gemeindeübergreifend ausreichend Wasser zugeführt werden kann. „Vom Umweltministerium wurden in den zurückliegenden Jahren knapp 600 Kilometer Verbundleitungen gefördert.“
Wasserspange vom Bodensee über Franken nach Niederbayern
Aktuell arbeite man an einer Studie für eine überregionale Wasserspange vom Bodensee über die fränkischen Regierungsbezirke bis nach Niederbayern. „Daneben spielt das Überleitungssystem eine zentrale Rolle, das das Maingebiet mit Donauwasser versorgt“, erklärt Glauber. „Rund 6 Millionen Euro werden jährlich in Betrieb und Unterhaltung des Systems investiert.“ Für die Landwirtschaft fördere die Staatsregierung intelligente Bewässerungsprojekte mit insgesamt bis zu 40 Millionen Euro.
Und so hat sich das Klima im Ostbayerischen Hügel- und Bergland, zu dem die Grenzregion Nordoberpfalz gehört, laut einer Broschüre des Landesamtes für Umwelt zwischen 1951 und 2019 verändert:
- Steigende Jahresmitteltemperatur: + 1,9 °C
- Heiße Sommer: + 6 Tage im Jahr über 30 °C
- Warme Winter: – 16 Tage im Jahr unter 0 °C
- Starkregen: + 0,8 Tage mit mindestens 30 mm Niederschlag
- Mehr Trockenperioden: – 12 Prozent Niederschlag.
Veraltete Daten zur Grundwasser-Neubildung
„Ob Sie’s glauben oder nicht“, sagt Famiglietti, „die meisten Regionen wissen gar nicht, wie viel Wasser sie eigentlich haben.“ Die Klimadaten, die der Berechnung für die Neubildung von Grundwasser zugrunde liegen, stammen aus den Jahren 1961 bis 1990. „Wir können nicht mehr den Verhältnissen rechnen, wie wir sie in den Jahren zuvor hatten“, sagt Fred Hattermann vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Die bayerische Staatsregierung hat darauf reagiert: „Zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung werden aktuell die regionalen Wasserversorgungsbilanzen mithilfe von 5 Millionen Euro aktualisiert“, sagt Glauber.
In den vergangenen trockenen Jahren habe man eine sehr geringe Grundwasser-Neubildung gehabt. „In Gebieten, die ohnehin schon schwer betroffen sind, potenziert sich das Problem dann.“ Wenn man eine Ressource nutzen wolle, fordert Grundwasserökologe Hans Jürgen Hahn von der Universität Koblenz-Landau, sollte man wissen, inwieweit und in welchem Umfang diese verfügbar ist. „Man weiß aber gar nicht genau, wie viel Wasser in ein bestimmtes Gebiet hineinfließt und wie viel wieder unterirdisch abströmt.“
„Absolut gefährdetes Gut“
Noch schlimmer sei: „Man weiß auch nicht, wie viel Landwirtschaft und Industrie entnehmen.“ Ganz zu schweigen von halbwegs präzisen Prognosen: „Vor allem gibt es diese Informationen auch nicht mit Blick auf den Klimawandel“, sagt Hahn. „Wie viel Wasser wird in Zukunft überhaupt noch verfügbar sein?“ Die Botschaft ist in der Politik angekommen: „Wasser ist absolut ein gefährdetes Gut“, sagt Klaus Arzet, im bayerischen Umweltministerium zuständig für den Schutz des Wassers.
„Wenn wir in 30 Jahren den Wassermangel merken“, sagt Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber, „haben wir die Chance, es zu managen, verspielt.“ Die für Bayern beunruhigenden Ergebnisse des Global Institute for Water Security kennt er selbst erst seit kurzem: „Jede Staatsregierung in den 16 Ländern muss das Thema Wasser unter den ersten fünf Themen auf der Agenda haben“, fordert der Minister.
Rechtlicher Rahmen für die Entnahme von Wasser
Der rechtliche Rahmen für die Entnahme von Wasser ergibt sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG) sowie den Wassergesetzen der Länder (in Bayern dem Bayerischen Wassergesetz, BayWG). Die Entnahme von Grundwasser ist grundsätzlich erlaubnispflichtig und nur in engen Grenzen im Rahmen des Gemeingebrauchs erlaubnisfrei, wenn keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind.
Eine Grundwassernutzung muss grundsätzlich mit dem Bewirtschaftungsziel nach § 47 WHG, der die Vermeidung einer Verschlechterung des mengenmäßigen und des chemischen Zustandes einfordert, vereinbar sein. Damit ist in den bestehenden Rechtsgrundlagen bereits eine nachhaltige Grundwassernutzung verankert.
Im wasserrechtlichen Verfahren für die Grundwasserentnahme wird zum Zeitpunkt der Antragstellung das verfügbare Dargebot unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels beurteilt. Dies kann auch zur Folge haben, dass bei auslaufenden Genehmigungen im Einzelfall eine bisher zulässige Entnahmemenge angepasst werden muss.
Einen aktuellen Überblick über die Niedrigwassersituation in Bayern kann man sich hier verschaffen.




