Lebenslange Haft für Oliver H.: Maximilian durchlebt Höllenqualen

Weiden. Nach neun langen Verhandlungstagen fiel heute das Urteil im Prozess gegen Oliver H. (34). Er soll den neunjährigen Nachbarsjungen Maximilian über Monate hinweg gequält und schließlich im August 2014 aus Zorn so verprügelt haben, dass der Junge in der Nacht an den schweren Kopfverletzungen starb. Dafür verurteilte ihn das Landgericht Weiden zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. 

Von Yvonne Sengenberger

“Wenn mehr ginge, hätten wir sicherlich auch mehr verhängt”, erklärt Vorsitzender Richter Walter Leupold in seiner Urteilsbegründung. Um die sechs Jahre hätte der Angeklagte wegen Misshandlung Schutzbefohlener bekommen, weitere 1,5 Jahre wegen schwerer Körperverletzung, weil er Manuela K. mit der Pfanne geschlagen hatte und dazu lebenslange Haft wegen Mordes. Länger als lebenslang geht aber nach deutschem Recht nicht. Sein Pflichtverteidiger Tobias Konze kündigte gleich nach Ende der Verhandlung an in Revision gehen zu wollen.

Verhandlung Landgericht Weiden
Der Angeklagte Oliver H. (links) mit seinen Verteidigern Ulrich Dost-Roxin und Tobias Konze. Die Reihen im Verhandlungssaal waren gut gefüllt.

Verteidiger bezweifelt Glaubwürdigkeit der Mutter

Er und sein Kollege Ulrich Dost-Roxin hatten in ihrer Ansprache auf Freispruch für ihren Mandanten plädiert. In ihren Augen sind die Vorwürfe zur Misshandlung und zum Mord nicht haltbar. “Oliver H. ist kein skrupelloser, manipulativer Täter. Er hat versucht alles richtig zu machen”, so Konze. Sein Mandant sei mit seinen Methoden vielleicht ab und zu über’s Ziel hinaus geschossen, habe Maximilian aber nicht gefügig oder gar hörig machen, sondern dem Kind lediglich durch Erziehungsmaßnahmen einen Weg vorgeben wollen. Dost-Roxin bezweifelte vor allem die Glaubwürdigkeit von Manuela K.. Man müsse ihre Aussage gegen die des Angeklagten stellen. Vor seinem Plädoyer stellte er deshalb auch Strafanzeige gegen Manuela K. wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen und unterlassener Hilfeleistung.

Während seiner Ausführungen bezeichnet Dost-Roxin das Verhalten der Mutter als völlig lebensfremd. “Sie unterließ es die Polizei und den Rettungsdienst zu verständigen, obwohl sie durch das Erlebte davon ausgehen musste, dass ihr Sohn schwer verletzt ist.” Keiner könne genau sagen, welche Aussage stimme, die des Angeklagten oder die der Mutter. “Alle Varianten kommen in Betracht.” Es stehe Aussage gegen Aussage. Die Angaben des Angeklagten könnten nicht zweifelsfrei widerlegt werden. Daher forderte die Verteidigung einen Freispruch wegen des Zweifelsgrundsatzes – also “im Zweifel für den Angeklagten”. “Lieber einen Schuldigen laufen lassen, als einen unschuldigen einsperren”, so der Berliner Rechtsanwalt in seiner Erklärung.

Er genoss sichtlich, das Kind leiden zu sehen

Oberstaatsanwalt Rainer Lehner und Nebenklagevertreter Werner Buckenleib sehen das anders. Der Angeklagte habe den Jungen über Wochen gequält, seinen Willen gebrochen und seine sadistische Ader an dem Kind ausgelebt. “Maximilian und seine Mutter sind einem skrupellosem, sadistischem und berechnendem Täter in die Hände gefallen”, betont Lehner. Oliver H. habe die beiden bewusst für seine Zwecke instrumentalisiert. Er habe Maximilian in seinen letzten Lebenswochen ein Martyrium bereitet. Das Kind hatte solche Angst vor dem Angeklagten, dass es, trotz der ADHS-Erkrankung, über mehrere Stunden in der Ecke stand oder Strafarbeiten verrichtete. Das hatten mehrere Zeugen berichtet. Aus einem aufgedrehten, lebhaften Kind – einem Wirlbelwind – wurde ein trauriger, ängstlicher, gebrochener kleiner Junge.

Das Motiv laut Staatsanwaltschaft: Es machte ihm Spaß. Er genoss es sichtlich das Kind leiden zu sehen, wollte seine Macht demonstrieren.” Maximilian war nicht einmal mehr der Schatten seines Selbst.” Oliver H. erniedrigte das Kind, wo es nur ging. Der Junge bekam kein Essen, musste hungern, Strafarbeiten schreiben und in der Ecke stehen.

Verhandlung Landgericht Weiden
Vorsitzender Richter Walter Leupold (mitte) verkündet das Urteil des Gerichts: Lebenslange Haftstrafe für Oliver H.

Oliver H. hat sein Terrorregime wochenlang ausgelebt

So sahen es auch die Richter. In seiner Urteilsbegründung ging der Vorsitzende Richter Walter Leupold auf die Frage ein, wem man mehr Glauben schenken dürfe. Man müsse prüfen, mit welchem Menschen man es hier zu tun habe. Viele Zeugen hätten berichtet, wie manipulativ der 34-Jährige sei. Darunter auch eine Ex-Freundin, die ihn selbst immer wieder gedeckt hatte. “Sein zweiter Vorname ist Manipulation!”, so Leupold. Manuela K. sei leicht zu beeinflussen gewesen. Ebenso sei der Angeklagte gewalttätig, nicht die Mutter. Oliver H. habe sein Terrorregime acht Wochen lang an dem Kind ausgelebt, seine sadistischen Neigungen in der Realität umgesetzt.

Richter Leupold ist überzeugt, dass Oliver H. die Idee zum Zusammenzug aus dem Plan heraus geboren hat, durch Manuela K. und ihren Sohn leicht an Geld durch Behörden kommen zu können. Als er merkte, dass Manuela K. ihm immer weniger gefügig war, sah er seine Möglichkeiten schwinden. Sein Geschäftsmodell begann ihm zu entgleiten. Er schlug auf das Kind ein, mit dem Gedanken: “Jetzt zeig ich’s dem!”.

Gratuliere! Großartige Sache, ein 24 Kilo Kind zu schlagen!,

so Richter Leupold sarkastisch in Richtung des Angeklagten.

Maximilian durchlebte Höllenqualen

Der Schlag war von so großer Wucht, dass das Gehirn durch die Beschleunigung an die Schädelwand gedrückt wurde. Dadurch sind die Adern abgerissen, das führte zum Tod. Dies muss zu einer kurzzeitigen Bewusstlosigkeit oder mindestens Benommenheit von Maximilian geführt haben. Er weiß wie er schlägt, deswegen sei es ein Tötungsvorsatz. “Er wollte den Ärger loswerden, weil ihm sein goldenes Kalb aus den Händen glitt.”  Maximilian K. durchlebte Höllenqualen.

Gott sei dank hat es ein Ende gefunden. Wer weiß, sonst würde Maximilian vielleicht noch immer gequält werden!

Manuela K. zeigte sich nach dem Urteil erleichtert. Sie sei froh, dass es jetzt vorbei sei. “Sie muss das jetzt erst einmal verarbeiten”, so ihr Anwalt Werner Buckenleib. Die Verhandlung an sich sei für die Mutter des Opfers sehr schwierig gewesen. Sie befand sich deshalb auch in Behandlung.

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