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Neue kostenlose Insolvenzberatung der Caritas in Tirschenreuth

Tirschenreuth. Rabatte locken in der Vorweihnachtszeit zum Kaufrausch und führen oft in die Schuldenfalle. Seit Juli bietet die Caritas Tirschenreuth-Wunsiedel kostenlose, vertrauliche Insolvenzberatung mit Stefan Zwerenz an.

Tirschenreuth. Rabatte locken in der Vorweihnachtszeit zum Kaufrausch und führen oft in die Schuldenfalle. Seit Juli bietet die Caritas Tirschenreuth-Wunsiedel kostenlose, vertrauliche Insolvenzberatung mit Stefan Zwerenz an.
Sozialpädagoge Stefan Zwerenz berät bei Schulden und Insolvenz - kostenlos und vertraulich. Foto: Veronika Schlosser

Neue kostenlose Insolvenzberatung der Caritas in Tirschenreuth

Ob Single Day, Black Friday, Shopping Week oder ganz altmodisch der Schlussverkauf – alle haben eines gemeinsam: Sie verlocken dazu, mehr zu kaufen, als man eigentlich bräuchte – gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit. Gepaart mit den vielfältigsten Bezahlmethoden ist das eine wahre Schuldenfalle, weiß Stefan Zwerenz. Seit Juli dieses Jahres bietet er neu Insolvenzberatung bei der Caritas Tirschenreuth-Wunsiedel an.

Erste Schritte in der Schuldnerberatung

Finanzielle Sorgen können nicht nur belastend, sondern existenzbedrohend sein. Viele Verschuldete sind sehr verängstigt, wenn sie bei der Beratungsstelle anrufen und möchten beim ersten Kontakt gleich einen Insolvenzantrag vereinbaren. Zu Beginn wird allerdings jeder Fall in der Schuldnerberatung behandelt, denn nur circa zehn Prozent entwickeln sich tatsächlich in einen Insolvenzantrag. Erst wird in der Schuldnerberatung geklärt, welche Einkünfte und Ausgaben eine Person hat, und ganz altmodisch ein Haushaltsplan erstellt.

„Die meisten haben den Überblick verloren, manche bringen sogar eine Kiste ungeöffneter Briefe, teilweise in gelben Kuverts, die Mahn- oder Vollstreckungsbescheide vermuten lassen, mit. Nur die allerwenigsten können mir beim Erstkontakt sagen, wie hoch genau die offenen Gesamtforderungen sind“, berichtet Sozialpädagoge Stefan Zwerenz, Leiter der Schuldner- und Insolvenzberatung. Erste Aufgabe ist die Erstellung eines Gläubigerverzeichnisses, in dem alle Gläubiger mit Aktenzeichen aufgeführt sind. Ebenso wird der Ursprungsgläubiger erfasst sowie schriftlich fixiert, ob es bereits einen Vollstreckungsbescheid gibt. Erst danach kann der Schuldnerberater sämtliche Gläubiger per Brief, E-Mail oder telefonisch kontaktieren, um den genauen Forderungssaldo, aufgeschlüsselt nach Hauptforderung, Zinsen und Kosten, anzufragen. Verbunden ist dies mit einem hohen Aufwand, der im Vorfeld schon Zeit und Energie fordert. In Zeiten von Online-Rechnungen ist es teilweise schwieriger, an Rechnungen, Mahn- oder Vollstreckungsbescheide zu kommen.

Außergerichtlicher Schuldenplan und Quoten

Daraufhin kann Zwerenz je nach Höhe der Gesamtschulden und des pfändbaren Einkommens berechnen, wie hoch die jeweilige Quote der Gläubiger sein wird, die die Grundlage für einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan bildet. „Bis dahin waren im Regelfall bereits drei Termine nötig und sind sechs Wochen verstrichen“, erläutert Zwerenz.

„Nicht selten handelt es sich dabei um 30 bis 40 Gläubiger bei einem Schuldenberg von insgesamt 100.000 Euro“, erzählt Zwerenz weiter. Die Gläubiger werden angeschrieben und gefragt, ob sie einer außergerichtlichen Einigung zustimmen. „Die Krux an der Sache ist: Wenn nur einer der Gläubiger der vorgeschlagenen prozentualen Deckung nicht zustimmt, scheitert der außergerichtliche Schuldenplan“, merkt Zwerenz an. Bei gutem Einkommen hat man die Möglichkeit der Lohnpfändung. Bei Beschäftigten im Niedriglohnsektor oder Bürgergeld-Beziehern kann nur wenig oder überhaupt nicht getilgt werden. Zumeist scheitert der außergerichtliche Schuldenplan. Dann muss ein Insolvenzantrag gestellt werden.

Wenn der außergerichtliche Weg scheitert

„Was man beachten muss: Jeder Fall in der Schuldnerberatung kann sich zu einem Fall für die Insolvenzberatung entwickeln“, erklärt Zwerenz. „Manche meinen, dass sie mit einem Insolvenzantrag in ein paar Jahren raus aus den Schulden sind, doch so einfach ist die Sache nicht.“ Erst muss auf 40 Seiten des Insolvenzantrages alles erfasst werden, was später in die Insolvenzmasse hineinfließen könnte, wie beispielsweise Autos oder Immobilien. Aus dieser Masse werden dann die Gläubiger bedient. Allein für diesen Antrag werden im Regelfall mehrere Beratungstermine notwendig, weil häufig erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt werden. Sobald der Insolvenzantrag vollständig ausgefüllt ist, wird dieser beim zuständigen Amtsgericht eingereicht. Durch das Amtsgericht wird dann in der Folge per Beschluss entschieden, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Mit der anschließenden Bestellung eines Insolvenzverwalters zieht sich die Beratungsstelle in der Folge aus dem Fall zurück.

Zoigltermine
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Zahlen und Entwicklungen in der Schuldner- und Insolvenzberatung

Stammtischparolen wie „Kein Wunder, dass der Schulden hat, der lebt über seine Verhältnisse“, kann er nur bedingt bestätigen. Sorgen macht ihm eher die steigende Armut in der Gesellschaft. 2024 haben 118 Personen die Schuldnerberatung der Caritas aufgesucht, in den Jahren davor circa 40 Personen. Im November 2025 waren es bereits 122. In mindestens zehn dieser Fälle vermutet Zwerenz zukünftig eine Entwicklung in die Privatinsolvenz. Zusätzlich nehmen aktuell sechs Privatpersonen die Insolvenzberatung in Anspruch.

Wenige Fälle, möchte man meinen. Tatsächlich sind pro Fall bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber zwischen acht und zehn Termine nötig: gut und gerne drei Monate kann man hierfür einplanen.

Häufige Auslöser für Überschuldung

Die Beweggründe, die Schuldner- und Insolvenzberatung aufzusuchen, sind vielfältig. Zwerenz berichtet: „Viele meiner Klienten leben nicht verschwenderisch, aber wenn man vorher gerade so über die Runden kam, wird es zum Beispiel nach dem Verlust der Arbeitskraft ein enormer Kraftakt, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.“ Ein häufiges Thema sind auch offene Unterhaltszahlungen nach einer Trennung, gekoppelt mit einem Hauskredit, den keiner der beiden Ehepartner mehr bedienen kann. Auch kommen ehemalige Selbstständige zur Beratung. Viele haben kaum oder nur wenige Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt, waren oftmals ein gutes Einkommen gewöhnt und haben teilweise nur wenig zur Seite geschafft. Hohe Beiträge in die private Krankenversicherung können dann schon zur finanziellen Herausforderung werden. Ein weiteres großes Thema sind Unterhaltsrückstände beim Jugendamt. Ist jemand nach der Trennung aufgrund seiner Einkommenssituation nicht in der Lage, den Kindesunterhalt sicherzustellen, übernimmt das örtlich zuständige Jugendamt anteilig die Unterhaltszahlung in Form von UVG-Leistungen. Sobald der Unterhaltspflichtige aber den Unterhalt wieder selbst bestreiten kann, weil er zum Beispiel eine Arbeit gefunden hat, kommen die Rückstände für die Zahlungen durch das Jugendamt sowie die laufenden Kosten für den Unterhalt auf denjenigen zu. Die Hauptgründe sieht Zwerenz aber hauptsächlich in zwei Punkten: der Altersarmut, denn 40 Prozent der Altersrentner in Deutschland beziehen unter 1.000 Euro im Monat. Ein weiterer maßgeblicher Grund ist das Niedrigeinkommen.

Leistungen der Caritas und Kontakt

Was die Caritas nicht leisten kann: „Wir können keine Schulden übernehmen. Das ist ein weit verbreiteter Irrglaube in der Bevölkerung. Auch Selbstständige oder Freiberufler werden nicht im Rahmen einer Insolvenzberatung begleitet und auch keine Immobilienfinanzierungen erstellt“, so Zwerenz. Sein Tipp an alle, die erste Zahlungen überhaupt nicht mehr tätigen können oder in scheinbar ausweglosen finanziellen Engpässen stecken: die kostenlose Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle der Caritas Tirschenreuth-Wunsiedel unter der Telefonnummer 09631/7989215 kontaktieren. Je früher, desto besser!