Kloster Speinshart: Eine Nacht voller Sagen und Schauergeschichten

Kloster Speinshart: Eine Nacht voller Sagen und Schauergeschichten
Es war ein mystisches Geschehen hinter Klostermauern. In die schaurige Welt der uralten Sagen und Märchen entführte Erika Eichenseer bei einer „literarischen Begegnung“ im Kloster Speinshart. Der Titel „Klappermichl“, eine Anspielung auf ein unheimliches Gerippe aus der reichen Erzähltradition des östlichen Bayerns, kündigte schon an, wohin der Abend führen würde: zu jener wilden Mischung aus Hexentänzen, Teufelspakten und unheimlichen Waldbewohnern, die die Stuben der Region einst füllte und zu Schauergeschichten am abendlichen Kachelofen inspirierten. Eine bessere Kulisse hätte man sich an einem düsteren Februarabend für die Geschichten und Sagen, die Franz Xaver Schönwerth (1810-1886) vor rund 200 Jahren dem Vergessen entrissen hatte, auch kaum vorstellen können. In der altehrwürdigen Prämonstratenserabtei führte der lange, nur spärlich beleuchtete Konventgang in den wohlig-warmen Kapitelsaal: Umlaufende Bänke, eine schwere hölzerne Vertäfelung im Stil des 17. Jahrhunderts und an einen alten Stubentisch in der Ecke sitzend eine alte, schlohweiße Frau. Erika Eichenseer! Sie konnte erzählen, und wie! Und sie kannte sie alle, die Geschichten, die Schönwerth, einer der ersten ethnographischen Forscher der Oberpfalz gerade noch so dem Vergessen entrissen hatte.
Zu dessen Lebzeiten gab es noch Erzähler manch sagenhafter Geschichte aus alter Überlieferung, so alt, dass man nicht mehr wusste, wann es geschah und welchen Wahrheitsgehalt die Ahnenweisheit ausdrückte. Am wärmenden Herd in langer winterlicher Dunkelheit und bei der Heimarbeit vertrieben sich die Altvorderen die Zeit. Franz Xaver Schönwerth und seinen Helfern sei Dank. Sie sammelten und schrieben für die Nachwelt auf, um die Schauer-Geschichten nach den Jahren der französischen Revolution und ihrer gesellschaftlichen Umbrüche nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ein dunkler Wald am Horizont mit den unauslotbaren Tiefen der Moore und Zwergen, die in den Bergen nach Schätzen buddelten. Uralte Geschichten, faszinierend und spektakulär. Das gespannt lauschende Publikum war hin und weg. „Sagen müssen erzählt werden“, befand Erika Eichenseer im Spannungsfeld einer meisterhaften Mischung aus Sogkraft und Atmosphäre im historischen Ambiente des Kapitelsaales. Unterstützt wurden die Erzählungen von Agnes O. Eisenreich und ihrem Ensemble mit subtilen, tiefgehenden musikalischen Klängen. Stimmungsvoll förderte die Musik den Raum für eine Geisterstunde.


