Henny Brenner Preis - Bundesregierung würdigt Lebenswerk
Henny Brenner Preis - Bundesregierung würdigt Lebenswerk
Zeit ihres Lebens wurde Henny Brenner nicht müde, vor den Gefahren des Totalitarismus und des Antisemitismus zu warnen. Bis ins hohe Alter hielt sie Vorträge. Diese waren geprägt von der dringenden Aufforderung, die Lehren des Nationalsozialismus nicht zu vergessen. Wie für die kürzlich verstorbene Margot Friedländer war vor allem junge Menschen ihre erste Adresse, wenn es um die Warnung vor rechtsradikalem Gedankengut ging.
Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Felix Klein, lobte deshalb nun in Kooperation mit der Kultusministerkonferenz (KMK) erstmals den Henny Brenner Preis aus.
Henny Brenner ist dem Dresdner Feuersturm entkommen
Am 25. November 1924 erblickte Henny Wolf als Tochter von Vater Max und Mutter Rebekka Wolf das Licht der Welt. Der Vater war Protestant, die Mutter Jüdin. So erfuhr die „gemischt-rassische nicht-privilegierten Familie“ nach dem Erlass der sogenannten Rassegesetze ab 1935 das Schicksal aller Juden in Deutschland. Enteignung, Demütigung, Ausschluss aus der Gesellschaft war die konsequente Umsetzung des Rassenwahns.
Im Alter von 17 Jahren wurde Henny Brenner im Juli 1941 zur Arbeit in das Goehle Werk in Dresden-Pieschen gezwungen. Dort wurde sie für die Produktion von Rüstungsgütern (Flakgeschosse, Bombenzünder) missbraucht.
Für den 16. Februar 1945 stand ihre Deportation aus Dresden bevor, die sie aber wegen der gleichzeitig einsetzenden Bombardierungen Dresdens nicht mehr anzutreten brauchte. Sie flüchtete mit ihren Eltern, die sich in einem verlassenen Haus versteckten und das Kriegsende abwarteten. Am 8. Mai 1945 war Kriegsende und es gab die Hoffnung auf ein neues Leben. Die Familie floh nach Berlin, wo sie ihren späteren Mann Hermann Brenner kennenlernte.
Mit Hermann Brenner Neuanfang in Weiden
Nach dem Krieg wurde Weiden vorübergehend zu einem Zentrum von Holocaust-Überlebenden, die zumeist aus Polen stammten. Einer von ihnen, der in Weiden blieb, war Hermann Brenner (1916–2004) mit seiner Frau Henny.
Familie Brenner war in Weiden natürlich nicht untätig und baute sich mit viel Fleiß eine bürgerliche Existenz auf. Ältere Weidener erinnern sich noch an ‘Textil Brenner’ im ehemaligen Ankerkomplex in der Innenstadt. Dort erhielten Frauen Nähzeug und vor allem Stoffe, die im laufenden Meter vom Ballen abgewickelt und verkauft wurden.
Hermann Brenner begann daneben die Weidener jüdische Gemeinde aufzubauen. So war er auch lange Zeit im Präsidium des Landesverbands Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern aktiv. 2013 wurde zu Ehren seines Lebenswerks der Hermann-Brenner-Platz an der OTH eingeweiht.
Wie sehr Hermann Brenner und seine Frau in Weiden verwurzelt waren, zeigt nicht nur, dass hier die Söhne Hardy und Michael geboren wurden, sondern auch, dass Hermann Brenner glühender Anhänger der SpVgg Weiden war. Zu den Fußballspielen am Sonntagnachmittag nahm er selbstverständlich seine Söhne mit ins Wasserwerk-Stadion.
Henny Brenner: Unruhig und wachsam
Auch als altersbedingte Einschränkungen bei Henny Brenner eintraten, ließ sie es sich nicht nehmen, weiter unruhig und wachsam zu Vorträgen durch ganz Deutschland zu reisen. Für ihre Aufklärungsarbeit als Zeitzeugin erhielt sie am 19. Mai 2014 den Sächsischen Verdienstorden.
Am 16. Mai 2020 verstarb sie in ihrem Haus und wurde im Jüdischen Friedhof in Weiden beerdigt. Posthum benannten die Verantwortlichen des “Dresdner Zentralwerk” (ehemals Goehlewerk) am 14. Mai 2023 den Großen Saal in Henny-Brenner-Saal um. Genau der Ort, an dem sie früher Zwangsarbeit leisten musste.
Bücher spielten zentrale Rolle
In der Familie Brenner spielten Bücher, die den Nationalsozialismus und seine schrecklichen Folgen thematisierten, immer eine große Rolle. So hat Sohn Michael Brenner bereits während seiner Zeit am Kepler Gymnasium in Weiden ein Buch mit dem Titel “Am Beispiel Weiden – Jüdischer Alltag im Nationalsozialismus” verfasst. Er gewann damals den 1. Preis beim Schülerwettbewerb des Bundespräsidenten zur deutschen Geschichte 1981.
Als Historiker und Professor lehrt er seit 1997 am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Zusätzlich hat er seit 2013 den Seymour and Lillian Abensohn Chair für Israelstudien an der American University in Washington D.C. inne.
Prof. Dr. Michael Brenner ist Autor mehrerer Bücher. Sein Buch “Kleine Jüdische Geschichte – Die Geschichte der Juden von der Antike bis heute” ist das Standardwerk über dieses Thema im deutschsprachigen Raum.
Henny Brenner hielt ihre Lebensgeschichte im Buch “Das Lied ist aus – Ein jüdisches Schicksal in Dresden” fest.
Henny Brenner Preis fördert antisemitismuskritische Schulbücher
Vor dem Hintergrund der Buchveröffentlichungen der Familie Brenner, ist es eine allzu logische Folge, dass sich der Henny Brenner Preis auf Bücher bezieht. Die Beschreibung dazu lautet:
“Die neue Auszeichnung würdigt herausragende Schulbücher, die jüdisches Leben in Vergangenheit und Gegenwart fachlich fundiert, differenziert und didaktisch hochwertig darstellen – und sich zugleich aktiv gegen Antisemitismus richten.” Informationen für die Ersteller preiswürdiger Schulbücher stellt der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung unter Henny Brenner Preis zur Verfügung.
Der Kreis schließt sich übrigens komplett, wenn man weiß, dass Hermann Brenner vor seinem Leben in verschiedenen Ghettos und Konzentrationslagern und seiner Vertreibung aus der alten Heimat Buchhändler war und bis zur Eroberung der Nationalsozialisten in Polens Hauptstadt eine Buchhandlung betrieb.
Lieferbare Bücher zum Thema (Auswahl)
Henny Brenner, Das Lied ist aus – Ein jüdisches Schicksal in Dresden, Wallstein Verlag, gebunden, 117 Seiten, 14.90 Euro
Michael Brenner, Kleine jüdische Geschichte, C. H. Beck Verlag, Taschenbuch, 374 Seiten, 16.95 Euro

