Jahn in Liga 2: Im Münsterland hat Regensburg die Relegation noch in der Hand
Jahn in Liga 2: Im Münsterland hat Regensburg die Relegation noch in der Hand
Die Stadt des beliebtesten Tatort-Teams Deutschlands, Thiel und Boerne alias Axel Prahl und Jan Josef Liefers, und die UNESCO-Welterbestadt Regensburg haben mehr gemeinsam als nur die zwei gotischen Dome. Gut, die westfälische Universitätsstadt ist doppelt so groß wie die Freie Reichsstadt in der Oberpfalz.
Aber in puncto mittelalterliches Stadtbild schenken sich beide historischen Altstädte wenig, auch wenn es Münster im Zweiten Weltkrieg ärger erwischt hat – aber auf Drängen der geschichtsbewussten Münsteraner wurde die Bischofsstadt, in der nach dem 30-Jährigen-Krieg der Westfälische Friede besiegelt wurde, aufwändig rekonstruiert.
Sportlich haben die Preußen, die 1963 Gründungsmitglied der Bundesliga waren, mit dem Gewinn der Deutschen Vizemeisterschaft 1951 dem Schwimm- und Sportverein von 1889 einigen Ruhm voraus. Dennoch kreuzten sich die Wege beider Fußballvereine immer mal wieder – zuletzt in der 3. Liga, aus der der SC und der SSV gemeinsam in die 2. Liga aufstiegen wie Phoenix aus der Asche.
Nur in der Luft zweisame Spitze
Auch statistisch gibt es Parallelen: Die Kellerkinder sind mit ihren langen Kerls – die Regensburger Louis Breunig mit 1,88, Leopold Wurm mit 1,94 und Rasim Bulic mit 1,96 – in der Abwehr im Luftkampf spitze: Münster führt die Kopfballduell-Tabelle mit 479 Scorer-Punkten an, Regensburg folgt mit 459 auf Platz 2. Das bringt zwar keine tabellarischen Punkte, zumal der Jahn damit lediglich einen Treffer markieren konnte. Der SC immerhin neun, darunter den 3:0-Endstand durch den Island-Riesen Hólmbert Aaron Fridjonsson (1,96 Meter) im Hinspiel.
Überraschenderweise führen die Oberpfälzer sogar die Gesamt-Zweikampfwertung mit 2435 gewonnen Mann-gegen-Mann-Duellen an und hängen die besser platzierten Preußen auf Rang 7 mit 2219 Erfolgen in dieser Kategorie damit ab. Nur wissen die Regensburger mit den erkämpften Bällen anschließend wenig anzufangen. Das muss sich ändern, wenn es mit dem Klassenerhalt noch was werden soll.
Keine Fairplay-Medaillen
Was die Zweikampfquote bereits ahnen lässt, unterstreicht auch die Zahl der Fouls: Man kann beiden Rabauken-Rivalen nicht vorwerfen, dass sie einer gepflegten Fußballrauferei aus dem Weg gehen würden. Die Regensburger mit ihrem aggressive Leader Andi Geipl belegen mit 282 geahndeten Verstößen gleichauf mit Hannover 96 in der Mannschaftswertung „griechisch-römisch-Freistil“ den Spitzenplatz. Münster reichen 275 Tritte gegen gegnerische Schienbeine für die Bronze-Medaille.
Klar, dass bei so viel Engagement im direkten Infight dann oft die Kraft für den letzten Spurt oder den Halbmarathon fehlt. Bei der Laufdistanz, Sprints oder besonders intensiven Läufen belegen die Westfalen wie die bayerischen Oberpfälzer genauso hintere Plätze, wie bei Flanken aus dem Spiel heraus. Kein Wunder, dass die Stürmer dann vergeblich auf die sehnlichst erhofften Vorlagen warten.
Späte Niederlagen: Konditions- oder Kopfsache?
Apropos Kräfte-Management: Glänzte der SSV Jahn bei seiner letzten sechsjährigen Zweitliga-Ära noch phasenweise als Mentalitätsmonster, das auch in der Nachspielzeit noch geradezu übermenschliche Kräfte freisetzen konnte, so sind die Regensburger in dieser Saison nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst: Während die Patz-Elf gerade mal auf sechs magere Treffer in zweiten Halbzeiten kommt, klingelte es bereits viermal in der Nachspielzeit im eigenen Kasten. Und auch bei Münster führte eine Serie später Gegentore zu einer Konditions-Debatte.
Kein Wunder also, dass die Adler-Träger bereits sechs von zehn Führungen noch abschenkten. Immerhin retteten sich die Preußen aber bei vier von zehn Rückständen noch mit einem Remis über die Ziellinie – und konnten bei Hertha BSC das Match komplett drehen. In dieser Hinsicht sind die Regensburger ein Komplettausfall: 15-mal geriet der SSV bereits ins Hintertreffen und schenkte anschließend alle drei Punkte ab.
Beide sind ball- und ballerscheu
Wie sehr beide Teams mit dem Spielgerät fremdeln, drückt sich in der miserablen Passquote aus, wo der SSV mit 75,5 Prozent wie auch in der Tabelle das Schlusslicht bildet. Knapp davor auf dem vorletzten Platz rangiert der SCP mit 77,5 Prozent. Das korreliert denn auch mit der Scheu vor dem Rund an sich: Die Oberpfälzer sagen gerne mal, „nimm du ihn“, und kommen mit dieser 42- prozentigen Ballbesitzdiät auf den schlechtesten Ligawert, den Münster mit 43 Prozent nur marginal übertrumpft.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist die ausgeprägte Höflichkeit beider Mannschaften vor dem gegnerischen Kasten: Die Münsteraner belästigten den Keeper des jeweils anderen Teams lediglich mit 248 Schüssen, der Jahn-Sturm hielt gerade mal zweimal öfter drauf. Damit bilden die Aufsteiger das Schlusslicht in der Bolzklasse.
Konkurrenzkampf um Jahn-Startplätze
Was schert uns das Gegurke der vergangenen Spiele, falls der SSV die Leistung vom Spiel gegen den HSV im Preußen-Stadion an der Hammerstraße auf den Rasen bringt? Jahn-Cheftrainer Andi Patz stehen dann zumindest fast alle Spieler bis auf Oscar Schönfelder und Christian Schmidt zur Verfügung – auch wenn er hinter Kapitän Andi Geipl nach dessen Rippenprellung und Anssi Suhonen wegen muskulärer Probleme noch ein kleines Fragezeichen malt.
Der Konkurrenzkampf um die Startplätze im Abstiegskrimi dürfte also voll entbrannt sein: Kann sich Bene Saller auf seine Position auf der linken Außenbahn zurückkämpfen? Wie steht es beim Duell zwischen Bryan Hein und Tim Handwerker links außen? Bleibt Ackergaul Eric Hottmann gegen den leichtfüßigen Noah Ganaus im Vorteil? Immerhin dürfte der Startplatz für den zuletzt treffsicheren Konter-Abstauber Sargis Adamyan einigermaßen safe sein.
Sturm-Nöte beim SCP
Münsters Chefcoach Sascha Hildmann muss sich da schon eher den Kopf zerbrechen, zumal der Ex-Regensburger und Top-Knipser Joshua Mees (7 Liga-Treffer) und Andras Nemeth für die Preußen-Offensive ausfallen. Dafür darf diesmal Island-Riese Hólmbert Aaron Fridjonsson, genannt Berti, der zuletzt meist im Doppelpack, mit Kapitän-Routinier Marc Lorenz (36) als Passgeber im Doppelpack eingewechselt wurde, vielleicht von Anfang an ran.
Und der reife Kapitän hat ohnehin gute Chancen, für den Gelb-gesperrten Linksverteidiger Mikkel Kirkeskov in die Startelf zu rutschen. Nach drei Pleiten in Serie (1:2 in Lautern, 1:2 gegen HSV, 0:2 in Paderborn) droht den Preußen bei einer weiteren Pleite ausgerechnet gegen den Tabellenletzten auch noch der Rutsch auf einen direkten Abstiegsplatz. Und für den SSV, bisher williges Freiwild auf gegnerischen Plätzen und nur einem Punkt aus zehn Auswärtsspielen beim 0:0 in Braunschweig – dürfte dieses Keller-Duell eine der letzten Gelegenheiten zum Halali auf den Relegationsplatz sein.
So Grün blinkt Schwarz-Weiß-Grün am Spieltag
Zum Heimspiel gegen Regensburg rufen die Preußen einen Nachhaltigkeitsspieltag ins Leben. Gemeinsam mit Fans und Partnern soll ein Zeichen für mehr Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung gesetzt werden.
Aktionen im Zeichen der Nachhaltigkeit sollen das Stadion an der Hammer Straße zu einem Ort des Umdenkens machen. Mitarbeiter der Alexianer sowie Studenten der Fachhochschule Münster stehen an Aktionsständen am Haupteingang zur Beantwortung aller Fragen zur Verfügung.




