Regensburg in Liga 3: Auch Essener fressen Jahn-Seele auf
Regensburg in Liga 3: Auch Essener fressen Jahn-Seele auf
Flutlicht, Freitagabend, Englische Woche – eigentlich die Zutaten für einen kleinen Festabend im Jahnstadion. Doch am Ende leuchtet das Flutlicht nur glücklichen RWE-Fans: 1:3 gegen Rot-Weiss Essen, und das ausgerechnet zum Auftakt einer Woche mit den hohen Auswärtshürden Wiesbaden und Ulm.
Von Hausmacht und Heimbastion keine Spur, wieder kein Signal, das Hoffnung machen würde. Stattdessen das Gefühl, dass man geradewegs auf die Sandhausen-Schiene rutscht – also jene Abwärtsspirale vom Zweitliga-Stammgast zum Regionalliga-Statisten.
Floskel-Alarm statt Finger in der Wunde
Jahn-Trainer Michael Wimmer, bislang mit eher erfrischend klaren Analysen aufgefallen, ist nach Spielschluss auffällig zurückhaltend. Für die Niederlage macht er lediglich „Nuancen“ verantwortlich, die es zu verbessern gelte – vor allem vor dem gegnerischen Tor. Auch Verteidiger Felix Strauß variiert dieselbe Platte – offenbar eine interne Sprachregelung. Man ahnt: Ein Gespenst geht um, in der Jahn-Kabine, die Angst vor der „totalen Verunsicherung“, die es zu vermeiden gelte.
Doch wenn es tatsächlich nur Nuancen sind, die den Jahn von der Rückkehr auf die Erfolgsspur trennen, dann müssen es verdammt gravierende Feinheiten sein. Denn nach fünf Spielen stehen vier Punkte zu Buche und null Fantasie, wie diese Mannschaft demnächst auch mal eine Drittliga-Partie dominieren könnte. Ein dünnes Eis, auf dem die Sorge wächst, auch in Wiesbaden und Ulm erneut einzubrechen – die Spatzen pfeifen das 0:5-Debakel vom letzten Zweitliga-Duell vom Stadiondach.
Keine zwingenden Chancen
Dabei beginnt die Partie heute Abend alles andere als aussichtslos. Mut, Zugriff, ein paar offensive Nadelstiche – Wimmer hat die Mannschaft zunächst tatsächlich griffig eingestellt. Aber griffig ist noch lange nicht zwingend: Während die Essener zwischen der 46. und 60. Minute wie eine Spitzenmannschaft aufspielen, fehlt dem Jahn der Punch. Oder wie der Jahn-Coach zu Recht bemerkt:
Es waren keine zwingenden Chancen, wo du sagst, jetzt fällt unbedingt ein Tor – da müssen wir zielstrebiger werden, konsequenter werden, da brauchen wir mehr Durchschlagskraft von jedem Einzelnen in der Box.
Jahn-Trainer Michael Wimmer
Reingelegt statt nachgelegt
So ist das Drehbuch vorhersehbar: 0:1 durch Tom Moustier, dem RWE-Trainer Uwe Koschinat nach zuletzt schwachen Auftritten eigentlich eine Denkpause vergönnen wollte, nach einem einfachen Doppelpass (35.). Von Regensburg kommt lange wenig bis nichts, schon gar keine Gefahr im gegnerischen Strafraum. Bis auf den langen Ball, der zum Ausgleich aus dem buchstäblichen Nichts führt: Noel Eichinger lässt mit dem 1:1 auf die Wende hoffen (70.).
Weit gefehlt: Anstatt nachzulegen, wie sich das Felix Strauß erhofft hätte, hat die Punkteteilung auf dem Papier gerade mal fünf Minuten Bestand. Die alte Jahn-Krankheit beschreibt Wimmer treffend: „Dann ist es ja wieder ein einfacher Zweikampf, wir haben den Ball schon zweimal, dann geben wir ihn wieder her und es fällt das Tor.“ 1:2 durch Kaito Mizuta (75.).
Wie in Ingolstadt, Köln und Ansbach bäumt sich Regensburg in der langen Nachspielzeit zwar nochmal auf – aber die wenigen Torraumszenen sind selten nervenzerrüttend. Und der eingewechselte Kelsey Owusu spielt beim letzten Konter mit Poldi Wurm Katz und Maus und knockt den Jahn mit dem 1:3 zum Schlusspfiff endgültig aus (90.+7). Um dieses eine Tor zu hoch, ja – aber verdient ist der Auswärtssieg allemal.
Koschinat zufrieden, Jahn ratlos
RWE-Trainer Uwe Koschinat lobt denn auch die Auswärtsstärke seiner Mannschaft: „Was meine Mannschaft so zwischen der 46. und 60. Minute gespielt hat, war echt beeindruckend, da hätten wir schon die Vorentscheidung erzielen können.“ In Essen ist man also im Soll – in Regensburg dagegen wächst die Ratlosigkeit. Denn man kann den Ball mit noch so schönen Worten nicht über die Torlinie quatschen.
Lasst Taten statt Floskeln sprechen, möchte man Sportchef Achim Beierlorzer und Chefcoach Michael Wimmer zurufen, die nach dem Abpfiff lange ins Gespräch vertieft über den Platz schritten: Wie wollen sie diese Mannschaft „schärfen“, wovon jetzt oft die Rede ist? Wie ihr Durchschlagskraft eintrichtern, wie den eigenen Strafraum zur Festung machen? Die Fans würden dazu sagen: „Wir wollen euch kämpfen sehen“ – und zwar nicht erst hektisch in der Nachspielzeit, sondern über 90 plus x Minuten!
Stimmen zum Spiel
Michael Wimmer (Jahn-Chefcoach): „Am Ende des Tages waren es Nuancen, wo wir beim ersten Tor nicht griffig genug sind. Das sind Momente, in denen der Gegner schärfer ist. Wir waren von Anfang an im Spiel, mutig, aber nicht zwingend genug. Wir brauchen mehr Durchschlagskraft vorne und mehr Konsequenz hinten. Eine totale Verunsicherung wäre fatal.“
Felix Strauß (Jahn-Verteidiger): „Ein Spiel auf Messers Schneide. Wir haben ein anderes Gesicht gezeigt als in Köln. Nach dem 1:1 hätten wir nachlegen müssen, stattdessen trifft Essen. Es fehlt nicht viel, jeder muss noch ein bissl schärfer werden.“
Uwe Koschinat (Trainer RWE): „Wir hatten einen unsauberen Einstieg, viele Fehler, aber dann einen starken Zwischenspurt. Nach dem Ausgleich war es umso bemerkenswerter, dass wir zurückkommen und das Ding hier ziehen.“
Tom Moustier (RWE-Torschütze): „Es ist nicht nur die Taktik, es ist das Herz. Wir haben zusammen gekämpft, wir sind eine Familie.“













