Kultstück Der Watzmann ruft verbindet Klamauk und Tiefgang
Kultstück Der Watzmann ruft verbindet Klamauk und Tiefgang
„Watzmann, Watzmann, Schicksalsberg, du bist so groß und i nur a Zwerg“, heißt es in einem Lied aus dem sogenannten „Rustical“ von Wolfgang Ambros, Manfred O. Tauchen und Josef Prokopetz. Zumindest aufführungstechnisch lässt sich dieses Szenario auch problemlos aus dem Berchtesgadener Land ins Fichtelgebirge verlegen. Vom ersten Moment an wird deutlich, dass die „Macher“ des Stückes einen unschlagbaren Partner an ihrer Seite haben – und diesen intelligent einsetzen: die Bühne und die Kulisse, die sich im Felsen auftun. Bereits die Ouvertüre zieht die Besucher tief hinein in die Schicksalswelt rund um den Watzmann. Und wenn der Berg sein „Hollaröhdulliöh“ ruft, dann wird jedem klar, dass Unheil in der Luft liegt und der Watzmann respektive das Fichtelgebirge ein neues Opfer sucht.
Stück bekommt auf der Luisenburg zusätzlichen Tiefgang
Der Inhalt des Original-Stückes gilt gemeinhin aufgrund der Überdrehtheit und klamaukigen Szenen des gesamten Werkes als vernachlässigbar, auf der Luisenburg bekommt das Stück zusätzlichen Tiefgang verliehen. Echte Volkstheater-Themen wie die Rebellion und Emanzipation des Bua gegenüber dem Vater oder der Verlust des Kindes werden in der Inszenierung gut herausgearbeitet, was auch an zwei Hauptakteuren auf der Bühne liegt: Peter Hohenecker und Manuel Karadeniz glänzen nicht nur als von Weisheit verschont gebliebene und verschrobene Knechte („Ich bin a Knecht!“) mit viel Wort- und Aktionswitz, sondern sie geben den Figuren Vater und Bua spielerisch und gesanglich auch eine erkennbare Tiefgründigkeit und Entwicklungslinie.
Optischer und musikalischer Höhepunkt der Inszenierung ist freilich der Auftritt der „ausgschamten Person“, in diesem Fall allerdings nicht der berühmt-berüchtigten „Gailtalerin“, sondern des nicht weniger anrüchigen „Gailtaler-Tim“, erneut dargestellt von Peter Hohenecker. Dieser Kniff der Regisseure mag vielleicht den ein oder anderen „Watzmann“-Puristen leicht verstören, fügt sich aber perfekt in ein modernes Gewand des Kultstückes ein – genauso übrigens wie die gekonnte musikalisch-komödiantische Ankündigung durch die ebenfalls neue Rolle des Mariachi (Dante Sáenz).
Frivole Schauspiel- und Musicalmomente
Testosterongesteuert und sexuell nach allen Seiten hin offen, sorgt der Gailtaler-Tim für frivole Schauspiel- und Musicalmomente, die man als Zuschauer nicht so schnell vergessen wird. Dass bei seinem Auftritt dann sogar auch ein echtes Feuerwerk gezündet wird, passt ins Bild. Und weil wir schon beim Neuen sind: Eingeführt wird die Rolle des „Watzmann Junior“, die vom bekannten Fernsehschauspieler Andreas Hoppe übernommen wird. Er verleiht dem Berg das Lebendige, er mischt sich ins Geschehen ein, er lenkt in eine bestimmte Richtung und er mimt den subjektiven, fast manipulativen Erzähler.
Und Hoppe singt mit markanter Stimme nicht nur ein grandioses „Oh St. Hubertus“, sondern intoniert mit seiner Duett-Partnerin Lilia Höfling ein bewegendes „Abwärts und bergauf“.
Zum Gelingen des Luisenburg-Konzepts des „Watzmann“ tragen noch bei: Das gesamte Kreativteam mit Choreografin Anita Holm, Musikalischen Leiter Stefan Wurz, Resident Choreographer Anastasia Troska, Kostümbildnerin Evelyn Thell und Dance Captain Josephine Kindl sowie die furios aufspielende sechsköpfige All Female Band, zu der auch eine DJane gehört.
Performance, die schwer zu toppen ist
Eine weitere positive Überraschung des Abends sind die mitwirkenden Amateure: Die Damen der Kreismusikschule Tirschenreuth liefern im Ballett (Leitung: Sylvia Brauneis) und im Chor eine Performance ab, die auch von Profis schwer zu toppen ist: Die Tänzerinnen trotzen bei ihren Choreografien dem regennassen Bühnenboden und geben ein stimmiges Bild ab. Zum Schluss bleibt die bekannte Erkenntnis: Wen oder was der Watzmann einmal in seinen Klauen hat, lässt er nicht mehr los. Viel Applaus für eine gelungene Premiere.
„Der Watzmann ruft“ wird noch bis einschließlich 18. August gespielt. Weitere Informationen unter www.luisenburg-aktuell.de.









