Weiss-Schuhe
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Der Mensch muss zu 100 Prozent Mensch bleiben

Speinshart. Werden wir bald von der Künstlichen Intelligenz (KI) beherrscht? Die Entwicklung im Bereich der KI vollzieht sich mit rasanter Geschwindigkeit. In immer neuen Lebensbereichen kommt die neue Technik zum Einsatz. Eine Gefahr für den Menschen? Angesichts der neuen Technologien und der damit einhergehenden lernenden Maschine muss die Frage danach, was das Mensch-Sein eigentlich ausmacht und wie sich Mensch und die Maschine zueinander verhalten, neu gestellt werden, fordert Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger.

Speinshart. Werden wir bald von der Künstlichen Intelligenz (KI) beherrscht? Die Entwicklung im Bereich der KI vollzieht sich mit rasanter Geschwindigkeit. In immer neuen Lebensbereichen kommt die neue Technik zum Einsatz. Eine Gefahr für den Menschen? Angesichts der neuen Technologien und der damit einhergehenden lernenden Maschine muss die Frage danach, was das Mensch-Sein eigentlich ausmacht und wie sich Mensch und die Maschine zueinander verhalten, neu gestellt werden, fordert Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger.
Foto: Robert Dotzauer

Der Mensch muss zu 100 Prozent Mensch bleiben

Daraus ergibt sich für den Kirchenmann aus Augsburg und für die Wissensgesellschaft ein neuer Gestaltungsauftrag. Beim 45. Speinsharttag beeindruckte der ausgewiesene Experte für Fragen der Künstlichen Intelligenz in seinem Festvortrag die Teilnehmer der traditionsreichen Veranstaltung im Gemeindezentrum Speinshart.

Am Ort des künftigen Wissenschaftszentrums für KI beleuchtete das Mitglied des Bayerischen Ethikrates unter dem Titel „KI – Chancen und Herausforderungen die zunehmenden „Dilemma-Situationen“ in der Wissensgesellschaft. Gleichzeitig warf Losinger einen differenzierten Blick auf die ethischen Herausforderungen der KI-Entwicklung.

Das Dilemma-Potential ist groß

Einerseits helfen Maschinen den Menschen, weniger Fehler zu machen, sind aber gleichzeitig die Quelle immer neue Fehler, die von Maschinen kontrolliert werden müssen. Ein Spagat zwischen dem komplexen Verhältnis zwischen Mensch und neuen Technologien. Für den Festredner eine lösbare Entwicklung, ohne gleich in der KI von einer Welt ohne Mensch zu sprechen.

Welche Werte sind wichtig? Und welche Werte zählen, wenn wir KI einsetzen? Ein spannendes Thema, das der Festredner an verschiedenen KI-Szenarien festhielt. Der Weihbischof gab zu: „Es handelt sich um ein riesiges ‚Dilemma-Potential‘” und belegte seine Beobachtungen mit vielen Beispielen, etwa beim autonomen Fahren und der Frage der Verantwortung in Unfallsituationen, bei der Robotik in der Pflege mit Blick auf die Würde des Menschen (jeder Mensch, der ins Krankenhaus muss, kommt nicht nur als Patient, sondern auch als Mensch mit Fragen, Sorgen und Ängsten) und bei der Gentechnik mit Eingriffen in die menschliche Keimbahn, um den Traum vom perfekten Menschen zu verwirklichen.

Wahrheit und Lüge nicht mehr zu unterscheiden?

An vielen praktischen Beispielen beleuchtete der Festredner die unendlich erscheinenden KIEinsatzmöglichkeiten, um schließlich auch an die Kriterien einer Ethik-orientierten KI zu erinnern. Keine Technologie, über deren Folgen nicht nachgedacht werde, die Menschenrechte marginalisiere und den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft auflöse, forderte der Weihbischof.

Es genüge nicht, nur die Technologie zu verstehen. Auch die komplexe Wechselwirkung zwischen Mensch und Technik sowie gesellschaftliche Effekte müssen beachtet werden, forderte der Kirchenmann. Ergänzend identifizierte er Querschnittthemen zur ethischen Einordnung von KI-Anwendungen. Zudem begleite die KI-Revolution immer mehr die Sorge, Wahrheit und Lüge nicht mehr unterscheiden zu können.

Zoigltermine
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Sollte man bei all den unterschiedlichen Bewertungen die Dinge einfach laufen lassen? Ein Wegweiser aus dieser Dilemma-Situation der Wissensgesellschaft fand der Weihbischof bei Albert Einstein. „Die Menschheit lebt heute technisch im Atomzeitalter, aber ethisch in der Steinzeit“ und auch den Hinweis „wer vordenkt, sollte auch nachdenken“ fand Losinger für bemerkenswert.

Foto: Robert Dotzauer
Foto: Robert Dotzauer

Der Landtagsabgeordnete Tobias Reiß, Landtagsvizepräsident und Vorsitzender des mitveranstaltenden Fördervereins Kloster Speinshart ergänzte: „Existentielle Fragen der Menschen müssen von Menschen beantwortet werden.”

Biografie des Weihbischofs

Die Vorstellung von Anton Losinger übernahm Abt em. Hermann Josef Kugler als Mitveranstalter des Speinsharttages. 1957 in Friedberg bei Augsburg geboren, wurde der Kirchenmann 1983 nach dem Studium der Philosophie und Theologie zum Priester geweiht. Die weiteren Stationen: 1988 Promotion, 1989 bis 1993 Studium der Volkswirtschaftslehre und 1993 Promotion über die gerechte Vermögensverteilung. Es folgten Gastprofessuren in Washington D.C., Leiter der Pfarrei Irrsee und schließlich 2000 Ernennung zum Weihbischof der Diözese Augsburg. Losinger ist in vielen Kommissionen tätig und u.a. Mitglied des Bayerischen Ethikrates.

Den Geist von Speinshart in die Welt tragen

„Der Geist ist es, der lebendig macht“. Den Wahlspruch des Festredners zum Bischofsjubiläum nahm Versammlungsleiter Tobias Reiß zum Anlass, die jüngsten Schritte zur Entwicklung des Wissenschaftszentrums Speinshart vorzustellen. Als „Takte der Entwicklung“ bezeichnete er die Entscheidung, dass das Wissenschaftszentrum von einem Verbund der Bayerischen Universitäten und Hochschulen als Mitglieder der Betriebsgesellschaft mitgetragen werde.

Reiß begrüßte zudem die personellen Entscheidungen zur Einstellung von Dr. Adrian Rosner als Geschäftsführer und Projektkoordinator und von Prof. Dr. Günter Leugering als wissenschaftlichen Begleiter des KI-Projekts Speinshart. Die Planungen für weitere Gebäude laufen, gab Reiß bekannt. Weitere Tagungs- und Übernachtungsmöglichkeiten seien die größten Herausforderungen. Derzeit werde das Planungskonzept der Architektengemeinschaft Brückner & Brückner von den Fördergebern geprüft.