Galerie des Grauens in Weiden: Ermittlungen wegen Holocaust-Verharmlosung
Galerie des Grauens in Weiden: Ermittlungen wegen Holocaust-Verharmlosung
Im “Herzen der Altstadt”, wie der Obere Markt im Tourismuskontext oft genannt wird, hängt am 5. Februar unübersehbar die “Galerie des Grauens”. Sie besteht aus einer 50 Meter langen Wäscheleine mit laminierten Bildern und war schon in vielen Städten in Deutschland zu sehen. Sie zeigt Presseberichte zu Impfthemen, die immer wieder aus dem Zusammenhang gerissen werden. “Massentöten” steht unter einem Pressebericht über Impfungen. Daneben ist ein Wachturm des KZ Auschwitz-Birkenau abgebildet.
Auf dem Bild werden die Massentötung der Shoa und die Auswirkungen von Impfungen gleichgesetzt.
Nikolai Schreiter, RIAS Bayern
Das ist ganz klar eine Shoaverharmlosung, meldet die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Bayern. “Auf dem Bild werden die Shoa, der systematische Versuch, Europas jüdische Bevölkerung physisch zu vernichten, und die Auswirkungen von Impfungen gleichgesetzt”, erklärt Nikolai Schreiter von RIAS Bayern. Nach Informationen von “Regensburg Digital” läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Holocaust-Relativierung gegen den Macher der Ausstellung, Peter Ganz. Das erzählt Ganz gerne selbst vor Publikum.
Holocaust-Relativierung fällt unter den Tatbestand der Volksverhetzung: Paragraph 130 des Strafgesetzbuches stellt unter Strafe, wer “eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung […] öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.” In Weiden wurde nach RIAS-Einschätzung der Holocaust verharmlost: “Hier wird etwas Harmloses oder sogar Positives wie die Impfung gleichgesetzt mit der Shoa”, sagt Antisemitismus-Experte Schreiter. Die Polizei Weiden gibt auf Nachfrage an, dass sie nicht in ein derartiges Ermittlungsverfahren eingebunden sei.
“Galerie des Grauens” im “Herzen der Altstadt”
Die Veranstaltung in Weiden am 5. Februar war als “Info-Stand als Sondernutzung” angemeldet, teilt die Stadt auf Nachfrage mit. Der Ausdruck “Infostand” scheint untertrieben, wenn man sich das Ausmaß der Veranstaltung anschaut: ein großer Tisch mit Pavillon, Fahnenmasten mit Deutschland- und Bayernflagge, die etwa 50 Meter lange Bildergalerie, ein “offenes Mikrofon”, in das jeder sprechen konnte. Laut Polizeibericht nahmen an der Veranstaltung etwa 100 Personen teil.
“Im göttlichen Auftrag” und in der extremen Rechten
Peter Ganz war auch in Weiden am 5. Februar vor Ort, bestätigt Markus Schwarz von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. Dort hat Ganz über die “Fötenindustrie” geredet und Falschnachrichten darüber verbreitet, dass Föten zur Impfstoffgewinnung abgetrieben und “ausgeschlachtet” würden. Laut “Regensburg Digital” inszeniert er sich als einer, der im “göttlichen Auftrag” gegen die “Plandemie” unterwegs sei. Unterwegs ist er laut Rechtsextremismus-Experte Schwarz auch auf zahlreichen Veranstaltungen der extremen Rechten: “Er bewegt sich dabei auch im neonazistischen Milieu. Zu den teilweise internen Veranstaltungen kommt man nicht durch Zufall.”
Anmelderin: In der “Basis” und im Stadtjugendring
Anmelderin der Veranstaltung in Weiden war Manuela Kreis aus dem Kreis Neustadt. Sie ist keine Unbekannte: Kreis ist Vorsitzende des im März 2021 gegründeten Kreisverbands der Partei “Die Basis”. Außerdem ist sie als Vertreterin der Bayerischen Sportjugend Mitglied des Stadtjugendrings in Weiden. Eine Mailanfrage von OberpfalzECHO, ob ihr die Shoaverharmlosung in der Galerie bewusst war und wie sie sich dazu positioniert, blieb bis zur Veröffentlichung des Artikels unbeantwortet.
Doch Rechtsextremismus-Experte Schwarz betont: “Auf Ganz Facebookprofil kann man recht schnell erkennen, dass er Teil der extremen Rechten ist. Dass hätten die Veranstalter im Voraus auch erkennen können.” Nach Einschätzung von Schwarz ist Veranstalterin Kreis eindeutig dem verschwörungsideologischen Milieu zuzuordnen. Auf ihrer Facebook-Seite bedankte sie sich nach der Veranstaltung in Weiden bei Peter Ganz: “Danke Peter für Dein Engagement und wir unterstützen Deine Arbeit weiterhin.”
Auch Tochter Elisabeth Kreis ist mit Ganz eng verbunden. Sie veranstaltete parallel zum “Infotisch” in der Innenstadt eine große impfkritische “Pflegedemo” in Weiden. Auch organisierte sie eine impfkritische Demonstration im März 2022 vor dem Gesundheitsamt, die Landrat Andreas Meier heftig kritisierte.
Oberpfälzer Version der “Galerie des Grauens”
Am 5. März, als Peter Ganz in Regensburg auftrat, stand Elisabeth Kreis neben ihm. Das ist auf Videos, die der Veranstalter “Gemeinsam in Regensburg” ins Internet gestellt hat, sehr gut dokumentiert. Feierlich übergab Ganz “der Lisa” eine regionale Version der “Galerie des Grauens” für die Oberpfalz. Zu Tränen gerührt nahm sie das Geschenk entgegen. Sie habe auch ein paar Weidener mitgebracht, sagt sie, und verspricht, “die Galerie so weiterzuführen in deinem Sinne für die Oberpfalz.” Was in der Oberpfälzer “Galerie des Grauens” alles zu sehen ist, ob dort auch der Holocaust verharmlost wird und ob sie auch in Weiden gezeigt wird, ist indes noch unklar.




