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Ukraine: Rückkehr des Krieges und Abkehr Amerikas? – General a. D. Bühler referiert in Weiden

Weiden. Zu einem gesellschaftspolitischen Highlight hatte der Rotary Club Weiden Max-Reger in den großen Hörsaal der OTH-Weiden eingeladen. General a.D. Erhard Bühler sprach über die aktuelle und zukünftige Sicherheitspolitik in Europa.

Ukraine: Rückkehr des Krieges und Abkehr Amerikas? – General a. D. Bühler referiert in Weiden

Ukraine
General a. D. Erhard Bühler spricht im voll besetzten großen Hörsaal der OTH-Weiden über die aktuelle Sicherheitslage in Europa. Foto: Martin Stangl

Der Ukraine-Krieg hat die Welt verändert. Deshalb sei die weltpolitische Lage gefährlicher und unübersichtlicher als zu Zeiten des Kalten Krieges. Mit dieser Einschätzung eröffnete General a. D. Erhard Bühler seinen Vortrag an der OTH Weiden. Auf Einladung des Rotary Clubs Weiden Max-Reger, in Kooperation mit dem Rotary Club Weiden, sprach der ehemalige NATO-Kommandeur am 17. September über die Herausforderungen für deutsche und europäische Sicherheitspolitik.

Vollbesetzer Hörsaal an der OTH-Weiden

Der derzeitige Präsident des Rotary Max-Reger Clubs Wolfgang Bayer begrüßte das Publikum im voll besetzten großen Hörsaal Fachhochschule. Insbesondere dankte er Christian Schneller, auf dessen Vermittlung, der Vortrag zustande kam. OTH Präsident und Hausherr Prof. Dr. Clemens Bulitta nahm in seiner Begrüßung die Gelegenheit wahr, die Kooperation der OTH Amberg-Weiden mit der Nationalen Universität Saporischschja Polytechnik vorzustellen. Diese wurde am 7. Juli heftig bombardiert. Dabei wurden unter anderem ein Studentenwohnheim, Labore, Vorlesungssäle und Verwaltungsgebäude zerstört. Die OTH hilft bei Wiederaufbau und bittet um Spenden.

„Europa muss mehr Verantwortung übernehmen“

Bühler machte deutlich, dass die kooperative Sicherheit mit Russland seit Jahren vorbei sei. Spätestens mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine sei klar, dass Russland auf absehbare Zeit die größte Bedrohung für Frieden und Stabilität in Europa darstelle. Deutschland und seine Partner müssten ihre Verteidigungsfähigkeit bis 2029 deutlich stärken, um mögliche Angriffe abschrecken oder abwehren zu können.

Die Vernachlässigung militärischer Fähigkeiten in Europa bezeichnete er als strategischen Fehler, den es jetzt zu korrigieren gelte. „Zusammenarbeit ist das Schlüsselwort – innerhalb der NATO, aber auch in der Europäischen Union“, betonte Bühler.

Handlungsmaximen für Sicherheitspolitik

In zehn Thesen formulierte der General a. D. Eckpunkte für die deutsche Sicherheitspolitik. Neben der engen Bindung an die USA sei ein deutlich höherer finanzieller Beitrag Europas zur eigenen Sicherheit notwendig. Mindestens 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts müssten in die Verteidigung investiert werden, so Bühler.

Die Europäische Union könne eine eigenständige Armee oder einen eigenen Nuklearschirm derzeit nicht leisten. Vielmehr solle sie mit Rüstungskooperationen und gemeinsamer Beschaffung den „europäischen Pfeiler der NATO“ stärken.

VGN Nürnberg – Phase1
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Ein zentraler Punkt seiner Überlegungen: die Entscheidungsprozesse innerhalb der NATO. Einstimmigkeit sei zwar ein hohes Gut, könne aber in Krisenzeiten notwendige Handlungen blockieren. Hier seien Reformen nötig, um handlungsfähig zu bleiben.

Unterstützung für die Ukraine als Schlüsselfrage

Besonders eindringlich plädierte Bühler für eine langfristige Unterstützung der Ukraine. Ohne ausreichende Waffenlieferungen, insbesondere weitreichende Raketen und Luftabwehrsysteme, werde das Land seine Souveränität kaum verteidigen können. Restriktionen beim Einsatz westlicher Waffen müssten aufgehoben werden, sofern von russischem Gebiet aus eine unmittelbare Bedrohung ausgehe.
Am Beispiel von weitreichenden Drohnen und Raketen erläuterte er einen Ansatz einer effektiven Verteidigungsstrategie:
“Man muss den indirekten Weg gehen: der russischen Armee die Grundlagen entziehen für ihre Angriffe, durch die Zerstörung ihrer operativen und logistischen Basis, ihrer Munitions- und Treibstoffdepots, der Versorgungswege, ihrer Raketen- und Drohnenabschlussplätze, ihrer militärischen Flugplätze 200-300 km hinter der Front”.

Die russische Armee ist an der Frontlinie nicht zu schlagen. Man muss die Versorgungswege … hinter der Front bekämpfen!

General a. D. Erhard Bühler

Ein Scheitern der Ukraine hätte nach Ansicht Bühlers gravierende Folgen: „Es würde weltweit die Bereitschaft stärken, Konflikte mit Gewalt auszutragen, und Europa vor eine Flüchtlingskrise stellen, die seit dem Zweiten Weltkrieg beispiellos wäre.“

Ukraine Referent General Bühler
RC Weiden Präsident Robert Stahl mit General a. D. Erhard Bühler, RC Weiden Max-Reger Präsident Wolfgang Bayer und OTH-Präsident Prof. Dr. Clemens Bulitta (von links). Foto Martin Stangl

Rotary bringt sicherheitspolitische Debatte nach Weiden

Die Veranstaltung der beiden Weidener Rotary Clubs fand im Rahmen des deutschlandweiten Einsatzes Rotary für die Ukraine statt.
Mit der Veranstaltung leisteten die Rotary Clubs Max-Reger und Rotary Club Weiden einen Beitrag zur sicherheitspolitischen Debatte in der Region. Rund 150 Gäste folgten der Einladung und erlebten einen spannenden Vortrag, der nachdenklich stimmte, aber auch zu klaren Handlungen aufforderte.

Bühler schloss mit einem Appell: „Noch haben wir die Initiative. Wir können energisch gegensteuern, um Schaden abzuwenden. Die Unterstützung der Ukraine ist dabei der Prüfstein für unsere Glaubwürdigkeit.“

Der Präsident des Rotary Clubs Weiden, Robert Stahl, überreichte dem Referenten zum Dank das Buch “Sie kommen. Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz 1945”. Eine düstere Vision, wie es nach dem Krieg in der Ukraine ausschauen könnte. Aber auch eine Hoffnung, dass es nach einem verheerenden Krieg mit Optimismus wieder aufwärtsgehen kann.

Zur Person General a. D. Erhard Bühler

General a. D. Erhard Bühler wurde am 20. Januar 1956 in Aichach (Bayern) geboren und wuchs in Regensburg auf. Er trat 1976 in die Bundeswehr ein, studierte Maschinenbau und hatte zahlreiche hohe Führungsämter inne. Er kommandierte 2010/2011 die NATO-Friedenstruppe KFOR im Kosovo. Von 2019 bis April 2020 war er Commander des Allied Joint Force Command Brunssum.
Seit August 2024 ist er Präsident der Clausewitz-Gesellschaft.
Erhard Bühler ist Rotarier und hat verwandtschaftliche Beziehungen nach Weiden.