Zukunft Caritas-Beratung: Finanzdruck und steigende Nachfrage

Zukunft Caritas-Beratung: Finanzdruck und steigende Nachfrage
Die Zukunft der psychosozialen Beratungsstellen der Caritas Weiden-Neustadt stand im Mittelpunkt des jährlichen Austauschs mit Lothar Höher, stellvertretender Bezirkstagspräsident der Oberpfalz. Dieser nahm sich am 14. Februar Zeit, um die Sorgen und Anliegen der Mitarbeitenden der Beratungsstelle für seelische Gesundheit und der Fachambulanz für Suchtprobleme anzuhören. Der Bezirk Oberpfalz ist der größte Zuschussgeber für diese wichtigen Einrichtungen. Doch die finanzielle Belastung der Caritas wächst stetig: Würde sich die Bezuschussung durch den Bezirk verändern, könnte dies gravierende Folgen haben. Denn bereits jetzt muss die Caritas erhebliche Eigenmittel aufbringen, um den Fortbestand der Angebote zu sichern.
Steigende Nachfrage bei Beratungsangeboten
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Klientenzahlen in der Beratungsstelle für seelische Gesundheit steigen kontinuierlich, sodass es bereits Wartelisten gibt. Wöchentlich suchen zwischen 15 und 20 neue Klienten Hilfe – darunter zunehmend junge Erwachsene mit Zukunftsängsten, bedingt durch politische und umweltbezogene Unsicherheiten. Für diese Zielgruppe bietet die Beratungsstelle innovative Programme wie Boulderschnupperstunden oder sozialkünstlerische Workshops an. Auch alleinstehende Menschen nutzen vermehrt Gruppenangebote wie Entspannungstraining oder Gesprächsgruppen. In der Fachambulanz für Suchtprobleme zeigt sich ein ähnlicher Trend: Innerhalb von fünf Jahren ist die Zahl der Ratsuchenden von 400 auf 620 gestiegen. Viele Betroffene kämpfen mit Konsumproblemen oder Verhaltenssüchten wie Internet- und Glücksspielsucht. Die offene Sprechstunde ohne vorherige Terminvereinbarung der Suchtberatung ermöglicht schnelle Hilfestellung, bevor sich Krisen verschärfen.
Sozialinvestition statt Sparmaßnahmen
Die Bedeutung dieser Beratungsstellen zeigt sich nicht nur an den steigenden Fallzahlen, sondern auch in wirtschaftlichen Berechnungen. Eine bayernweite Studie aus dem Jahr 2022 ergab, dass jeder in die ambulante Suchthilfe investierte Euro langfristig 17 Euro an Folgekosten – etwa durch stationäre Aufenthalte – einspart. Oder anders formuliert: Ambulante Suchtberatung verhindert pro Klienten gesellschaftliche Kosten von 22.691 Euro. Diözesanweit finanziert der Diözesan-Caritasverband Regensburg durchschnittlich im Jahr mehr als 500.000 Euro an Eigenmitteln in die psychosoziale Suchtberatung und den sozialpsychiatrischen Dienst. Zum Diözesancaritasverband gehören insgesamt acht Beratungsstellen im Bezirk Oberpfalz, vier im Bezirk Niederbayern. Zwei der acht Beratungsstellen im Bezirk Oberpfalz sind die Weidener Fachambulanz und die Beratungsstelle für seelische Gesundheit. Allein im Jahr 2023 musste der Wohlfahrtsverband fast 40.000 Euro zuschießen, 2024 sind es fast 90.000 Euro. Diese Mittel stammen aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Kirchensteuern – eine Quelle, die nicht unbegrenzt belastbar ist.
Zukunft der Finanzierung ungewiss
Geschäftsführer Daniel Bronold warnt: „Geringere Fördermittel, kontinuierlich steigende Eigenbeteiligung und wachsende Klientenzahlen ergeben ein System, das über kurz oder lang kollabiert.“ Sollten künftige Finanzierungsmodelle des Bezirks zu einer Reduktion der Zuschüsse führen, könnte die Caritas ihrer Aufgabe der Daseinsvorsorge nicht mehr in vollem Umfang nachkommen.
Lothar Höher sicherte jedoch zu, dass der Bezirk die Finanzierung aufrechterhalten wolle: „Es ist nicht im Sinne des Bezirks, ein funktionierendes Hilfesystem zu gefährden. Gerade die niederschwelligen Angebote verhindern oft stationäre Aufenthalte und entlasten somit das gesamte Versorgungssystem.“ Auch in Zukunft sollen die Dienste pauschal gefördert werden, um Kontinuität und Planungssicherheit zu gewährleisten. In Bayern gab es bis vor kurzer Zeit einheitliche Förderrichtlinien. Dieses System könnte vor einem Wandel stehen, denn der ein oder andere Bezirk stellt dies nun in Frage. Für die Oberpfälzer hofft Höher auf eine vertretbare Einigung. Ginge ein bayerischer Bezirk ein anderes Modell ein, müssten eventuell alle anderen sechs Bezirke nachziehen. „Um eine nachhaltige Versorgung sicherzustellen, muss auch die Finanzierung nach wie vor gewährleistet sein. Das haben wir als Bezirk Oberpfalz zugesagt“, beteuert Höher.
Mit rund 3.859 Beratungen in der Beratungsstelle für seelische Gesundheit und 2.631 Beratungen in der Suchtambulanz im vergangenen Jahr wird deutlich: Die Arbeit der Caritas ist unverzichtbar. Auch die enge Zusammenarbeit mit der JVA Weiden und die Außensprechstunden im Bezirksklinikum zeigen, wie eng verzahnt die ambulante und stationäre Versorgung sind.
Höher betonte abschließend die Wichtigkeit der Arbeit der Caritas: „Nur einen Steinwurf vom Caritas-Sozialzentrum entfernt entsteht die neue Kinder- und Jugendpsychiatrie. Wer weiß, wie viele Betroffene unsere Kliniken behandeln müssten, wenn es die niederschwelligen Beratungsangebote der Caritas nicht gäbe?“




