Erster Prozesstag: Theo G. beschreibt sich als party guy

Erster Prozesstag: Theo G. beschreibt sich als party guy
Dem Publikum in Weiden ist irgendwann ganz schwindelig. Über Stunden erzählt der Angeklagte Theo G. (46) am Donnerstag aus seinem Leben. Eine Achterbahnfahrt durch die Gastroszene. Er war Barbesitzer, Clubbetreiber, Festival-Veranstalter, Cannabis-Vertreter, Drogen-“Vermittler” der Reichen und Schönen. In den Niederlanden, auf Bali, in Thailand, Cannes und Ibiza. Sein Anwalt sagt, er gehöre der Event- und Partyszene an, die Zugang zu Partydrogen habe – “wie zigtausende andere auch”. “Aber das macht ihn nicht zum internationalen Logistiker synthetischer Drogen.”
Schon am ersten Prozesstag ist klar: Dieser Angeklagte ist sehr anders als die Angeklagten, die sonst vor der 1. großen Strafkammer Platz nehmen. Theo G. ist ein Paradiesvogel. Groß, schlank, wellige Haare, Goldrandbrille zur Kapuzenjacke. Im Publikum sitzen Angehörige aus den Niederlanden; die Schwester weint, ein Verwandter muntert ihn auf: Daumen hoch. Theo G. erwidert die Geste. Er bleibt angesichts der 20 Foto- und Filmkameras recht cool.
Absolut gelassen erzählt er den ganzen Nachmittag über aus seinem Leben. Unterm Strich: Er hat viel gemacht. Aber er habe nichts mit der MDMA-Flasche zu tun, die in Weiden einem Restaurantgast das Leben gekostet hat. Seit über einem Jahr sitzt er in Untersuchungshaft in der Oberpfalz. Vor Gericht plaudert er in dem gleichen Mix wie in Haft. Englisch, Niederländisch, ein paar Brocken Deutsch.
Veranstalter von “Beat The Bridge”
“I’m a party guy!” Sein Netzwerk bestehe aus VIPs, Künstlern, Eventmanagern. “Wir nehmen alle mehr oder weniger Drogen. Ich kaufe sie auch.” Aber er verkaufe keine Drogen, er “vermittle” sie allenfalls. Er bestätigt damit Deals, die in seinem Mobiltelefon dokumentiert sind. Beispielsweise habe er Drogen an einen sehr guten Freund vermittelt, der Vorsitzender des Lamborghini-Clubs ist.
Er selbst nehme fünf, sechs Mal im Jahr Drogen: “Wenn ich nach Ibiza gehe, mache ich hart Party.” Oder auch beim belgischen Musikfestival “Tomorrowland” oder der Gay-Parade in Amsterdam. Er selbst organisierte das Festival “Beat The Bridge” bis 2019 mit 15.000 Teilnehmern. “Wurden da Drogen konsumiert?”, fragt Staatsanwalt Christoph May. “Ja. 15.000 Mal”, scherzt der Angeklagte.
Viele Zuhörer hatten damit gerechnet, dass am ersten Prozesstag andere Vorträge im Vordergrund stehen. Da war zum einen die Anklage von Staatsanwalt Christoph-Alexander May. Dann das Opening-Statement von Verteidiger Dr. Alexander Stevens, dem True-Crime-Podcaster. Am Ende stiehlt Theo G. allen die Show. Er redet und redet.
Opening-Statement von Stevens
Verteidiger Stevens hat in seinen Eingangsworten jede Schuld von seinem Mandanten gewiesen: Die Kausalkette sei nicht zu führen. Zu viel Unvorhersehbares spiele in den Fall. Der Tod von Harald Z. (52) sei dem Angeklagten nicht zurechenbar. Und überhaupt habe dieser mit der Champagner-Droge nichts zu tun: “Unser Mandant hatte lediglich Jahre zuvor in demselben Komplex eine völlig andere Lagerbox angemietet. Das ist die gesamte Connection. Mehr nicht.”
Stevens gibt ein Beispiel mit lokalem Bezug: “Stellen Sie sich vor, Sie bekommen auf dem Weidener Volksfest eins auf die Nase.” Der Krankenwagen komme, dummerweise sei der Fahrer betrunken und baut auf dem Weg ins Krankenhaus einen Unfall. “Sie überleben nicht. Was glauben Sie: Würde man nun den Schläger wegen eines Tötungsdelikts anklagen? Ohne den Schlag auf die Nase wären Sie schließlich nicht tot.” Dennoch würde das Weidener Gericht den Schläger nur wegen einfacher Körperverletzung verurteilen.
Staatsanwaltschaft: Tod ist ihm zurechenbar
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Sie will Zeugen und Indizien präsentieren, die einen Zusammenhang der Flasche zu Theo G. herstellen. Die These: Er habe sie – mit 20 anderen – in einem Lager in Arnheim (Niederlande) deponiert, von wo sie geklaut wurde. Die Champagnerflasche enthielt reine MDMA-Base. Der Dieb vertickte sie als vermeintlichen Champagner weiter. In Weiden erlitten acht Gäste Vergiftungen, Harald Z. starb. Seine Witwe lässt sich im Prozess als Nebenklägerin von Anwalt Dr. Hans-Wolfgang Schnupfhagn vertreten.
Der Tod des Pfreimders sei dem Angeklagten anrechenbar, sagt Staatsanwalt May. Durch die Tarnung als Genussmittel sei es “ohne weiteres vorhersehbar” gewesen, dass das Gift von unbeteiligten Dritten konsumiert wird.




















