Landgericht Weiden: 23-Jähriger gesteht schweren sexuellen Missbrauch der Schwester (11)

Landgericht Weiden: 23-Jähriger gesteht schweren sexuellen Missbrauch der Schwester (11)
Vorsitzender Richter Peter Werner appellierte eindringlich, diese Verteidigungsstrategie zu überdenken: “Mir gefällt überhaupt nicht, dass Sie das Ganze so darstellen, als ob Ihre kleine Schwester hier das Sexmonster wäre, dass Sie zu diesen Taten gebracht hat.” Es kam zu einem Rechtsgespräch der Strafkammer mit Verteidigerin Ilka Lang-Seifert und Staatsanwältin Sofie Rank.
Nach langem Ringen ändert der 23-Jährige danach sein Geständnis ein wenig ab. Er räumt den Missbrauch ein – angeklagt sind 40 Fälle. Diese seien “einvernehmlich” geschehen, aber “großteils nicht auf Initiative” des Mädchens. Als Strafe erwarten ihn 5 bis 6 Jahre Gefängnis.
Tatort: Wohnung, WTW, Kinderklinik
Seltsam unbekümmert schildert der Angeklagte die Monate im Winter/Frühjahr 2025. Zwischen den Weihnachts- und den Faschingsferien lebte er mehrmals pro Woche seinen Sexualtrieb an seiner Schwester aus. Detailliert beschreibt er, wann, wie und wo. Arglos erzählt er, wie er gegoogelt habe, ob sein Tun strafbar wäre.
Der 23-Jährige und die damals Elfjährige lebten gemeinsam mit der Mutter in einer Wohnung im Landkreis Neustadt/WN. Der Angeklagte war als Arbeitsloser viel daheim. Tatort waren die Zimmer der beiden, das Bad – aber auch die Umkleidekabine der Thermenwelt und zuletzt ein Patientenzimmer in der Kinderklinik in Weiden. Mit letzteren Taten gibt er sogar mehr zu, als die Anklage enthält.
Die Intensität der Übergriffe habe sich bis zum Frühjahr gesteigert, so Staatsanwältin Sofie Rank in der Anklage. Am Ende litt das Mädchen unter Angst- und Schwindelanfällen. “Sie traute sich nicht mehr zu schlafen, weil sie Angst hatte, dass der Angeklagte in ihr Zimmer kommen könnte.” Die körperlichen Beschwerden wurden so massiv, dass das Kind im Klinikum Weiden stationär behandelt wurde. Kurz darauf flog der Missbrauch auf.
Mutter fassungslos
Die Mutter (41) ringt die Hände und bricht bei ihrer Zeugenaussage mehrmals in Tränen aus. Einmal zieht sie sich den Kragen des Pullovers über das Gesicht. “Ich habe ihm vertraut”, sagt sie. “Ich dachte, er ist der große Bruder, der sich gut kümmert.” Selbst der Chefarzt im Krankenhaus sei beeindruckt gewesen. Erst im Winter 2024/2025 war der 23-Jährige wieder bei ihr eingezogen. “Ich wollte ihm noch einmal eine Chance geben.”
Der Missbrauch habe sie eiskalt überrascht. Eines Abends habe die Tochter gebeten, die Zimmertür zu schließen und aufzupassen, dass der große Bruder nicht käme. Sie habe sofort den ungeheuerlichen Verdacht gehabt: “Ich saß die ganze Nacht auf der Couch, mit dem Messer in der Hand. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn er rübergegangen wäre.” Sie checkte das Handy der Tochter. Ihr fiel auf, dass der komplette Chatverlauf zwischen den beiden gelöscht war.
Am nächsten Tag habe sie das Mädchen von der Schule abgeholt und befragt. Auf einer Parkbank offenbarte sich das Kind, berichtete von sexuellen Handlungen, Pornovideos, Sex-Toys. “Ich hatte einen Nervenzusammenbruch.” Zuhause entsperrte das Mädchen zudem das Zweithandy des großen Bruders. Er hatte die Taten aufgenommen. Auf dem Smartphone waren 17 Fotos und drei Videos gespeichert. “Wie krank ist das?”, ruft die Mutter vor Gericht. Sie schaltete die Polizei ein.
Urteil am Freitag erwartet
Sie wisse inzwischen, dass ihr Sohn die Halbschwester als Initiatorin bezichtige. Sie wisse auch, dass sich ihre Tochter gern schminke, bauchfreie Tops trage und Interesse an Jungs zeige. “Aber selbst wenn sie angefangen hat: Er ist doch der Erwachsene! Er hätte den Cut reinhauen müssen. Was er getan hat, ist nicht zu entschuldigen.” Auch rechtlich macht es übrigens keinen Unterschied: Am Strafrahmen ändert sich kaum etwas.
Das inzwischen zwölfjährige Mädchen wird nicht als Zeugin aussagen. Als weitere Zeugen werden Polizeibeamte angehört. Am Freitag, 9 Uhr, werden Plädoyers und Urteil erwartet.




