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Nach Annäherungen an Kinder: Landgericht verurteilt 52-Jährigen

Weiden. Das Landgericht Weiden hat einen 52-Jährigen nach Annäherungen an Kinder trotz früherer Verurteilung "nur" zu 2 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. Vielleicht ein weises Urteil: Eine Abschiebung nach Afghanistan könnte schon nach der Halbstrafe möglich sein.

Weiden. Das Landgericht Weiden hat einen 52-Jährigen nach Annäherungen an Kinder trotz früherer Verurteilung "nur" zu 2 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. Vielleicht ein weises Urteil: Eine Abschiebung nach Afghanistan könnte schon nach der Halbstrafe möglich sein.
Wachtmeister als lebender Sichtschutz: Während der Aussagen der Kinder verhindern Justiz-Mitarbeiter den direkten Blickkontakt zum Angeklagten. (links). Die Befragung übernahm Richterin Vera Höcht. Foto

Nach Annäherungen an Kinder: Landgericht verurteilt 52-Jährigen

Der Fall zeigt die ganze Bandbreite zwischen “guten” und “bösen” Migranten. Der Angeklagte (52) ist Analphabet, er hat acht Kinder. Von den vier Jahren in Deutschland hat er drei im Gefängnis verbracht. Die Familie kam 2021 über das Programm für Ortskräfte aus Afghanistan nach Deutschland. Seine Frau war Putzfrau für eine deutsche Organisation in Afghanistan, bis die Taliban die Macht wieder übernahmen. Während sich die Töchter und Söhne in Deutschland einlebten, die Sprache lernten, teils weiterführende Schulen besuchen, ist der Vater ein hoffnungsloser Fall.

2022 fasste er auf einem Spielplatz im Landkreis Amberg-Sulzbach ein Mädchen (8) unsittlich an und onanierte vor dem Kind. Er wurde vom Amtsgericht Amberg zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. “On top” gab es ein paar Weisungen unter Führungsaufsicht: keine Kinder ansprechen, keine Spielplätze und Schulhöfe oder ähnliches aufsuchen.

Kleine Zeugen kommen direkt von der Schule

Nach der Haftentlassung wies ihn die Regierung im Sommer 2024 in die Gemeinschaftsunterkunft in Weiden ein. Ein Vierteljahr später ging die erste Strafanzeige ein, es folgten drei weitere. Mindestens viermal hat er im Winter 2024/25 Kinder und Jugendliche im Stadtteil Stockenhut angesprochen. Er zog sie an den Händen zu sich, formte einen Kussmund. Sie liefen alle rechtzeitig davon. Am Neujahrstag 2025 saß der Afghane wieder in U-Haft.

Seit letzter Woche läuft der Prozess am Landgericht Weiden. Am Montag um 13.30 Uhr wird als letzter kindlicher Zeuge ein zehnjähriger Bub angehört. Er kommt direkt von der Schule, den Ranzen hat er noch auf den Rücken geschnallt. Sein Papa sitzt an seiner Seite. Der Junge ist in Damaskus geboren, aber in Deutschland aufgewachsen. Er spricht Deutsch wie jedes hier geborene Kind. Mit seiner hellen Stimme berichtet er von der angsteinflößenden Begegnung mit dem Mann, der ihn umarmen wollte. Zwei Wachtmeister bilden einen natürlichen Sichtschutz zum Angeklagten. Der Zehnjährige macht das super.

Zwei Verhandlungstage durchgejammert

Der Angeklagte gibt vor Gericht dagegen ein jämmerliches Bild ab. Manchmal fragt man sich irritiert, woher dieses dauernde Wimmern, Stöhnen, Ächzen kommt. Es ist immer der 52-Jährige, der selbst seine Vorführbeamten aufs Blut nervt. In der Mittagspause, die er in der Zelle verbringt, drückt er permanent die Notglocke. Staatsanwältin Sofie Huber bezeichnet ihn in ihrem Plädoyer als “schwierige, nicht nachvollziehbare, unangenehme Person”.

Was tun mit diesem Mann? Der Bewährungshelfer äußert im Zeugenstand größte Bedenken. “Das Risiko für weitere Straftaten ist enorm.” In der kurzen Phase der Freiheit sei der psychisch auffällige Mann mehrfach in das Bezirkskrankenhaus Wöllershof gebracht worden. Dort kam es zu einem Angriff und “sexuell enthemmten Verhalten” gegenüber einer Mitpatientin.

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Nie eine Schule besucht, Ehefrau war minderjährig

Problem: In der Psychiatrie kann ihm auch keiner helfen. Er ist der Sprache nicht mächtig. Und er begreift nicht sehr viel. Der forensisch-psychiatrische Sachverständige Dr. Thomas Wenske schätzt den IQ nahe der Lernbehinderung.

Wenske umreißt die Lebensgeschichte, soweit sie ihm der Angeklagte berichtet hat. Demnach hat er nie eine Schule besucht. Er kann nicht lesen, schreiben und rechnen. “Er hat Wert darauf gelegt, dass er eine Fähigkeit besitzt: Und zwar islamisch beten.” Sein Vater besaß Kamele als Transport-Tiere. Schon als Zehnjähriger arbeitete der Sohn mit. Mit 25 heiratete der Angeklagte eine deutlich jüngere Frau. Rein rechnerisch war sie 13 bei der Heirat und muss 15 gewesen sein, als das erste Kind zur Welt kam. Es folgen sieben, das letzte nach dem Amberger Urteil.

Sachverständiger: kein Fall für Psychiatrie

Aber mit Zeitangaben ist das bei dem Angeklagten so eine Sache. “Er kennt keine Jahreszahlen”, sagt Gutachter Wenske: “Er zählt in Sommern.” Mit geschätzt 40 habe er sich ein Tuk-tuk gekauft und damit Transporte durchgeführt. Mit 49 ergab sich die Chance für die Familie auf Übersiedlung nach Deutschland: “Meine Frau hat für die Deutschen gearbeitet, deshalb haben die Deutschen uns hierher geholt.”

Der Sachverständige sieht weder Schuldunfähigkeit noch die Voraussetzungen für eine Unterbringung als erfüllt an. Der Angeklagte sei zwar total ungebildet, aber für eine Intelligenzminderung reicht es nicht. Er zeige Interesse an Kindern und Jugendlichen – aber eine “pädophile Störung”? “Für ihn eher ein Gefühl der Normalität.”

Letztes Wort des Angeklagten: “Bitte schicken Sie mich nach Afghanistan”

Die Jugendschutzkammer am Landgericht Weiden, besetzt mit den Richterinnen Vera Höcht und Carolin Ammon sowie zwei Schöffen, trifft das vielleicht einzig vernünftige Urteil. Sie verurteilt den Angeklagten zu 2 Jahren und 8 Monaten Haft. Eine Haftstrafe kann in Deutschland bei der Hälfte beendet werden, wenn der Verurteilte in sein Heimatland abgeschoben wird.

Das würde in diesem Fall sogar dem Wunsch des Angeklagten entsprechen. In seinem letzten Wort sagt der 52-Jährige wörtlich: “Bitte schicken Sie mich nach Afghanistan.” Sein Pflichtverteidiger Johannes Zintl bekräftigt dies: “Er möchte zurück.”

Das wäre auch im Sinne der Familie. Wie der Bewährungshelfer berichtet, kümmerten sich die volljährigen Kinder zuletzt so gut sie konnten. Die Familie lebt seit der ersten Inhaftierung getrennt von dem 52-Jährigen. Die erwachsenen Töchter und der Sohn besuchten ihn beinahe täglich in der Unterkunft in Weiden. “Die Familie hat immer ihr Möglichstes getan, um die Situation stabil zu halten. Aber er ist für sie schon eine große Last.” Der Plan ist: Sie bleiben hier; der Vater geht zurück.

Staatsanwältin nicht zufrieden

Ob das Urteil hält, bleibt fraglich: Staatsanwältin Sofie Huber kann nicht zufrieden sein. Sie hat auf 4 Jahre und 6 Monate Haft plädiert. Und zwar wegen des Versuchs des schweren sexuellen Missbrauchs. “Was wäre das für ein Zeichen für die Allgemeinheit? Muss erst etwas Schlimmes passieren, bis gehandelt wird?”

Dem folgt die Strafkammer nicht und entscheidet “nur” auf vorsätzliche Körperverletzung (ein Mädchen hatte Schmerzen am Handgelenk) und vierfachen Verstoß gegen Weisungen. Die Kussversuche erfüllten nicht die gesetzlich erforderlichen “sexuellen Handlungen von einiger Erheblichkeit”.

Revision zum Bundesgerichtshof ist noch möglich.