OTH Amberg-Weiden
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Notorischer Betrüger stolpert über britischen Führerschein

Weiden. Kleines Delikt, große Wirkung. Fahren ohne Fahrerlaubnis bringt einem 52-Jährigen am Amtsgericht Weiden eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen ein, also vier Monatsverdienste. Und damit kommt der Angeklagte noch gut weg - bei seiner Vorgeschichte.

Notorischer Betrüger stolpert über britischen Führerschein

Vor Amtsrichter Matthias Biehler stellt sich der Angeklagte als “selbstständiger Kaufmann” vor. Am Ende stellt sich heraus: Der 52-Jährige lebte zuletzt von Bürgergeld zur Grundsicherung. Er schuldet Sozialversicherungsträgern, dem Staat und Kunden über 100.000 Euro. Und da liegt auch schon das Kernproblem: Die Wahrheit ist bei dem Mann aus dem Landkreis Neustadt/WN sehr dehnbar.

Vor Gericht gebracht hat ihn sein britischer Führerschein, mit dem er 2024 in Weiden am Steuer unterwegs war. Einen deutschen Führerschein hat er schon seit 2013 nicht mehr. Dieser wurde ihm nach schweren Verkehrsverstößen dauerhaft entzogen. Weil er damals teilweise in England ansässig war, konnte er sich eine “driving license” beschaffen.

Schwindelei auch vor dem Richter

Nur: Seit dem Brexit 2021 gehört Großbritannien nicht mehr zur Europäischen Union. Der Angeklagte hätte den Führerschein für Deutschland umschreiben lassen müssen. Die erste halbe Stunde der Verhandlung behauptet der 52-Jährige, 2024 größtenteils in England gelebt zu haben, trotz der Meldeadresse im Landkreis Neustadt/WN. Er sei innerhalb eines Jahres “24 oder 25 Mal” nach London gefahren oder geflogen und habe dort eine Wohnung. “Dann müssen Sie doch Tickets haben”, sagt Richter Biehler: “Ich will Belege sehen. Nicht, dass Sie uns hier einen Unsinn erzählen.”

Kurzum: Natürlich ist es Unsinn. Nach einer Verhandlungspause und einem Gespräch mit Pflichtverteidiger Johannes Zintl gesteht der Angeklagte die Tat. Dieses Geständnis rettet ihn vor der Haft.

Gefälschte Corona-Masken verhökert

Denn der Mann steht unter Bewährung. Die letzten Urteile stammen aus den Jahren 2023 und 2024. Im ersten Fall ging es um gewerbsmäßige Kennzeichenverletzung: Während der Pandemie hatte der Angeklagte Corona-Masken mit geschützten Aufnähern verkauft, beispielsweise des FC Bayern, von BMW, Harley, Gucci etc. Das zweite Urteil (11 Monate Haft) erging 2024 wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung bei seiner GmbH in der Autobranche.

Die Vorstrafenliste lässt ohnehin tief blicken: 17 Einträge in 25 Jahren. Seit dem Jahr 2000 steht der Angeklagte fast jährlich vor bayerischen Amtsrichtern: falsche eidesstattliche Versicherung, unerlaubter Besitz einer halbautomatischen Waffe, Urkundenfälschung, vorsätzlicher Bankrott, Computerbetrug Nötigung, Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Insolvenzverschleppung, Beleidigung, versuchte Erpressung und immer wieder Betrug. Er verstieß gegen Bewährungsfristen und saß zwischendurch auch in Haft.

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“Narzisstische Persönlichkeitsstörung”

Richter Biehler verhängt am Donnerstag 120 Tagessätze wegen fahrlässigen Fahrens ohne Führerschein. Einen mitangeklagten Betrugsfall an einem Kunden stellt er ein. Staatsanwalt Dr. Martin Sommer hatte 150 Tagessätze beantragt, Verteidiger Zintl hielt 90 für ausreichend. Letzter Gruß des Richters ist die eindringliche Warnung, jetzt nicht mehr mit dem Auto herumzudüsen: “Mit diesem Führerschein brauchen Sie nicht mehr zu kommen. Dann müssen Sie mit Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechnen.”

Ob es das war? Eine Bewährungshelferin sah zuletzt wenig Chancen auf künftige Straffreiheit. Sie erkannte beim Angeklagten eine “narzisstische Persönlichkeitsstörung und starke Schuldverschiebungs-Mechanismen” und hielt das Risiko für neue einschlägige Delikte für sehr hoch.