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[Update] Prozess am Landgericht: Pfleger gesteht Vergewaltigung in Urologiepraxis

Weiden. Ein ungeheuerlicher Tatvorwurf wird seit heute vor dem Landgericht Weiden verhandelt. Ein Pfleger (24) hat in einer Urologiepraxis einen männlichen Patienten (77) vergewaltigt. Der Angeklagte legte am ersten Prozesstag ein Geständnis ab.

Weiden. Ein ungeheuerlicher Tatvorwurf wird seit heute vor dem Landgericht Weiden verhandelt. Ein Pfleger (24) hat in einer Urologiepraxis einen männlichen Patienten (77) vergewaltigt. Der Angeklagte legte  am ersten Prozesstag ein Geständnis ab.
Ein 24-jähriger Pfleger muss sich vor dem Landgericht wegen Vergewaltigung eines Patienten verantworten. Rechts Verteidiger Rouven Colbatz. Foto: Christine Ascherl

[Update] Prozess am Landgericht: Pfleger gesteht Vergewaltigung in Urologiepraxis

Die Staatsanwaltschaft Weiden hat Anklage wegen Vergewaltigung und Körperverletzung erhoben. Verhandelt wird vor der 1. Strafkammer am Landgericht Weiden. Dass man die Vorwürfe ernst nimmt, hat seinen Grund in der Vergangenheit des jungen Mannes: Gegen den 24-Jährigen war schon einmal wegen ähnlicher Delikte ermittelt worden. Damals war er noch als Pfleger in einem Seniorenheim tätig.

Das Verfahren wurde damals von der Staatsanwaltschaft Weiden eingestellt. Der gebürtige Sachse wechselte den Arbeitgeber. Seine neuen Brötchengeber – Urologen von tadellosem Ruf – ahnten nicht im entferntesten, dass sie damit eine Gefahr für ihre Patienten ins Haus holten. Als Arzthelfer machte sich der Neue gut. Bis die Bombe platzte: Ein 77-Jähriger erstattete Anzeige; die Kripo kam ins Haus.

Tatort: Aufwachraum, Tatzeit: im laufenden Betrieb

Staatsanwältin Susanne Pamler schildert in der Anklage, was vorgefallen ist: Der Senior war Anfang 2024 nach einer Krebserkrankung in Behandlung in der Gemeinschaftspraxis. Alle sechs Wochen musste er zum Kathederwechsel. Dort soll es in einer Hauruckaktion im Juni zur Vergewaltigung durch den 24-Jährigen gekommen sein, als sich der Patient über eine Liege beugte.

Der Tatort ist als solcher eigentlich völlig ungeeignet. Es handelt sich um einen Aufwachraum. Die Behandlungsliegen sind nur durch Vorhänge getrennt; jederzeit kann jemand eintreten. Und trotzdem wiederholte sich das Geschehen zwei Monate später, nachdem Versuche, in einer anderen Praxis einen Termin zu bekommen, erfolglos geblieben waren.

Körperlich eingeschränkter Senior “völlig überrumpelt”

Der Azubi habe den Senior im August 2024 schon mit den Worten “Mein Freund ist wieder da” begrüßt, so Staatsanwältin Pamler in der Anklage. Nach dem Wechsel kam es wieder zu sexuellen Handlungen, als der Patient entkleidet auf der Liege lag. Der 77-Jährige protestierte laut Staatsanwältin mit den Worten “Du Drecksau”.

Ansonsten sei der betagte und körperlich eingeschränkte Senior “derart überrumpelt und aufgrund seines Alters und der Situation überfordert gewesen”, dass er nicht laut um Hilfe rief. Als jemand eintrat, habe der Angeklagte sein Tun geschickt als pflegerische Handlung getarnt und ein Tuch drübergezogen.

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Verteidigt wird der 24-Jährige von den Rechtsanwälten Stephan Gesierich (Vohenstrauß) und Rouven Colbatz (Weiden).

Angeklagter legt Geständnis ab

[Update 11 Uhr] Während der Ermittlungen hatte der 24-Jährige noch alles abgestritten. Das ändert sich am Donnerstag nach einem nicht öffentlichen Rechtsgespräch: Der 24-Jährige gesteht die erste Vergewaltigung vom Juli 2024; der zweite Fall der sexuellen Nötigung wird dafür eingestellt. Die Tat habe sich so ereignet, wie von der Staatsanwältin geschildert, bestätigt Verteidiger Colbatz.

Vorsitzender Richter Peter Werner fasste zuvor den Inhalt des Rechtsgesprächs zusammen. Demnach stand Aussage gegen Aussage, ein Beweis wäre ohne Geständnis schwer zu führen gewesen. Das Gericht halte für die Tat eine Strafe von 6 bis 7 Jahren für angemessen. Das Geständnis reduziere das Strafmaß auf 4 bis 5 Jahre Haft.

Familie sehr besorgt: “Er war ganz komisch”

Die Tochter schildert als erste Zeugin, wie sie ihren Vater im August 2024 zum Arzttermin gefahren habe. Der inzwischen 78-Jährige ist auf eine Gehilfe angewiesen und hat eine Krebserkrankung hinter sich. Der Kathederwechsel habe an dem Tag ungewöhnlich lange gedauert, fast eine Stunde. “Ich habe mir dabei nichts gedacht.”

Bis sie ihren Vater wiedersah: “Als er herauskam, war er ganz komisch.” Schon im Aufzug habe ihr der 77-Jährige gesagt, dass er da auf keinen Fall mehr hingehen würde. “Er war den Tränen nah. Das passte nicht zu ihm, er ist eigentlich ein lebenslustiger Mensch.” Der Ehemann der Tochter brachte schließlich aus dem Schwiegervater heraus, was vorgefallen war. “Ich war sprachlos”, sagt der Schwiegersohn. Man zog den Hausarzt zu Rate, der den 77-Jährigenf für absolut glaubwürdig hielt.

Die Polizei habe den Fall zunächst “nicht aufnehmen wollen”, berichtet die Tochter. Ob sie sich bewusst sei, was sie damit lostrete. Die Familie entschied sich trotzdem für eine Anzeigeerstattung. Die Vernehmung sei für ihren Vater nicht leicht gewesen, er habe in dieser Zeit viel geweint. Ohnehin zog sich der Senior in Folge der Tat immer mehr zurück, aß weniger, schlief schlecht.

Fortsetzung der Verhandlung vor der Strafkammer ist am 12. November mit Zeugen der Kripo Weiden, dann werden Plädoyers und Urteil erwartet. Auf Zeugen aus der Arztpraxis kann aufgrund des Geständnisses verzichtet werden.