Pflege- und Heimkosten: Was Familien heute wirklich wissen müssen
Pflege- und Heimkosten: Was Familien heute wirklich wissen müssen
Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, um konkrete Fragen zu stellen und die komplexe Rechtslage besser zu verstehen. Die Veranstaltung zeigte dabei eindrucksvoll, wie wichtig klare Informationen in einer Zeit wachsender Unsicherheit sind.
Steigende Pflege- und Heimkosten bringen viele Familien an ihre Grenzen. Der Fachvortrag von Rechtsanwalt Thilo Schmidt aus Weiden bei GEPVONA in der Volksbank Raiffeisenbank Nordoberpfalz zeigte, welche Regeln beim Elternunterhalt gelten und warum das Angehörigen-Entlastungsgesetz für viele Kinder mehr Schutz bietet als gedacht.
Wer gedacht hat, dass an diesem Abend ein staubtrockener Vortrag geboten wurde, der hat sich getäuscht. Trotz spröder Materie verstand es der Referent, seine Zuhörerschaft durch seriös-humorvolle Beispiele in eine komplizierte Materie mitzunehmen.
Mythos: Eltern haften für ihre Kinder
Gleich zu Beginn seines spannenden Vortrags räumte der Weidener Fachanwalt für Familienrecht Thilo Schmidt mit einem weit verbreiteten Mythos auf. Dazu zeigte er das berühmte gelb-leuchtende Baustellenschild mit der Botschaft “Eltern haften für ihre Kinder”.
“Das ist absoluter Quatsch und längst widerlegt,” so sein Eingangsstatement. Ebenso widersprüchlich ist die vielfach verbreitete Einschätzung, dass Kinder uneingeschränkt für eventuell pflegebedürftige Eltern aufkommen müssen. Dann wurde es spannend und auch klar, dass der gesetzliche Dschungel einen Fachmann braucht.
Pflege- und Heimkosten bleiben zentrale Herausforderung
Zu Beginn machte Rechtsanwalt Schmidt deutlich, dass die aktuelle Entwicklung kaum Entlastung verspricht. In Deutschland gelten inzwischen mehr als 5,7 Millionen Menschen als pflegebedürftig. Die meisten werden zu Hause betreut, doch auch hier steigen die Kosten. Besonders die Eigenanteile in Pflegeheimen belasten Familien stark. Im ersten Jahr liegt der monatliche Durchschnitt inzwischen bei über 3.100 Euro.
Gründe dafür sind steigende Löhne in der Pflege, verpflichtende Tarifbindungen sowie die hohe Inflation der vergangenen Jahre. Übergangswörter wie „zudem“ und „außerdem“ verdeutlichen, wie vielfältig die Ursachen sind. Für Betroffene bleibt kaum Zeit, sich auf diese Veränderungen einzustellen.
Elternunterhalt: Wer ist überhaupt zu Pflege- und Heimkosten verpflichtet?
Viele Kinder fragen sich, ob sie automatisch für ihre Eltern zahlen müssen. Der Vortrag des Fachanwalts erklärte klar, dass nur Verwandte in gerader Linie betroffen sind. Schwiegerkinder gehören ausdrücklich nicht dazu. Auch Ehepartner der pflegebedürftigen Person spielen eine Rolle, denn ihr Einkommen fließt zunächst in die Berechnung ein. Erst wenn die eigenen Mittel nicht ausreichen, entsteht überhaupt ein Unterhaltsbedarf. Dieser umfasst Elementarbedarf, Vorsorge, Pflegebedarf sowie Taschengeld.
Die rechtliche Struktur wirkt auf Außenstehende kompliziert, doch mit verständlichen Beispielen wurde sie anschaulich erklärt. Besonders hilfreich war der Hinweis, dass viele Unterhaltsansprüche aufgrund anderer Leistungen gar nicht entstehen.
Wie Bedürftigkeit ermittelt wird
Ein zentraler Punkt war die Frage, wann Eltern tatsächlich bedürftig sind. Einkommen aus Rente, Miete oder Kapital wird vollständig angerechnet. Hinzu kommen Leistungen aus der Pflegeversicherung, die je nach Pflegegrad unterschiedlich ausfallen. In Bayern spielt auch das Landespflegegeld eine Rolle, das seit 2025 schrittweise reduziert wird. Wenn trotz aller Einkünfte eine Lücke bleibt, prüft der Sozialhilfeträger den Vermögenseinsatz. Geschützt bleibt lediglich ein sogenannter Notgroschen von 10.000 Euro. Immobilien dürfen weiter bewohnt werden, ohne dass sie verwertet werden müssen. Dadurch können Pflegebedürftige in ihrer vertrauten Umgebung bleiben, was vielen Angehörigen sehr wichtig ist.
Wann Kinder bei Pflege- und Heimkosten zahlen müssen – und wann nicht
Für Kinder ist entscheidend, ob sie leistungsfähig sind. Dabei wird zunächst das Netto-Einkommen berücksichtigt. Dazu zählen auch Sonderzahlungen oder Mieteinnahmen. Bestimmte Abzüge wie Altersvorsorge, Fahrtkosten oder Kreditraten mindern die Leistungsfähigkeit.
Der Selbstbehalt liegt seit einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs bei 2.650 Euro plus 70 Prozent des darüber liegenden Einkommens. Viele Besucher waren überrascht, wie hoch dieser Selbstbehalt tatsächlich ausfällt. Durch diese Regelung bleiben Kinder geschützt, wenn ihr eigenes Einkommen nur wenig Spielraum zulässt. Außerdem gibt es Ausnahmen, die für zusätzliche Entlastung sorgen.
Das Angehörigen-Entlastungsgesetz und seine Bedeutung
Besonders viel Aufmerksamkeit erhielt das Angehörigen-Entlastungsgesetz. Es legt fest, dass Kinder erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro überhaupt zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden dürfen. Überdies wird vermutet, dass diese Grenze nicht überschritten wird. Dadurch entfällt die Pflicht, detaillierte Auskünfte über Vermögen zu geben, solange keine Hinweise vorliegen. Für viele Familien bedeutet das eine enorme Erleichterung. Der Referent betonte, dass Sozialhilfe damit Vorrang erhält, wenn die Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Übergangswörter wie „dennoch“ und „trotzdem“ zeigen, dass diese Regelung häufig missverstanden wird.
Vermögen und Rückforderung von Schenkungen
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf dem Umgang mit Vermögen. Selbst genutzte Immobilien dürfen weder verkauft noch belastet werden. Anders sieht es bei anderen Immobilien aus, die grundsätzlich verwertet werden müssen. Spannend war die Diskussion über die Rückforderung von Schenkungen. Wenn Eltern ihren Kindern in den vergangenen Jahren größere Vermögenswerte übertragen haben, kann dies unter Umständen zurückgefordert werden. Maßgeblich sind dabei die Regeln aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Zehn Jahre nach einer Schenkung entfällt diese Pflicht jedoch. Auch besondere Situationen wie Wohnrechte oder Nießbrauch können den Wert mindern. Viele Gäste nutzten die Gelegenheit, um hierzu persönliche Fragen zu stellen.
Wie das sozialrechtliche Verfahren abläuft
Zum Abschluss schilderte der Referent das Verfahren beim Antrag auf Sozialhilfe. Wichtig ist, dass Kinder nur dann Angaben zu ihrem Einkommen machen müssen, wenn es Hinweise auf Überschreitungen der Einkommensgrenze gibt. Angaben zum Vermögen dürfen erst eingefordert werden, wenn die Überschreitung feststeht. Dieser Schutz spielt im Alltag eine große Rolle. Die klare Trennung zwischen Einkommen und Vermögen verhindert unnötige Belastungen.
Was ist klar, was nicht?
Der Vortrag von Rechtsanwalt Thilo Schmidt machte einerseits klar, dass Transparenz entscheidend ist, damit Familien ihre Entscheidungen gut informiert treffen können.
Andererseits machte er auch deutlich, dass Rechtssicherheit für Laien kaum ohne fachliche Beratung vorstellbar ist. Zur Verfügung stehen Sozialverbände oder tatsächlich spezialisierte Anwälte, die mit den ständig sich ändernden Vorschriften und Gesetzen gut auskennen.



