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Jahn in Liga 3: Ernüchterung an der Bremer Brücke

Osnabrück. Die englische Woche als Achterbahnfahrt der Gefühle für den SSV Jahn: nach dem Heimsieg gegen Verl der nächste Nackenschlag. An der Bremer Brücke reicht eine giftige Anfangsphase nicht – ein krummes Standardtor bremst den Elan, eine perfekte Kombination des VfL macht den Deckel drauf.

Jahn in Liga 3: Ernüchterung an der Bremer Brücke

Jahn bleibt Auswärtslooser: Nach dem Hoffnungsschimmer gegen Verl, der Rückschlag in Osnabrück. Foto: jrh

Dabei sieht es zunächst gar nicht nach einer bitteren Rückreise gen Süden aus. Der Jahn kommt bissig, lauffreudig, mit sichtbar geschärftem Selbstvertrauen. Vielleicht die stärkste halbe Stunde der Regensburger in der gesamten Saison – zum ersten Mal mit sichtbaren spielerischen Momenten, vor denen sogar der Gegner der Hut zieht:

Ich glaube, es war ein hochklassiges Spiel, weil Regensburg auch wirklich Fußballspielen wollte, zwei Mannschaften, die in der ersten Halbzeit brutale Intensität gefahren sind.

VfL-Dosenöffner Fridolin Wagner

Doch was hilft Druck, wenn am Ende der berühmte Dosenöffner auf der anderen Seite fällt – und Regensburg anschließend nur noch im Kreis läuft? Ausgerechnet jener Wagner zieht den Oberpfälzern mit seinem Zufallstreffer nach einer kurzen Ecke und zu kurzer Klärung den Stecker:

Ich wollte den Ball irgendwie nochmal scharf machen, dann habe ich mich nochmal kurz orientiert, wo das Tor stehen könnte, und dass der dann so reinfällt, ist manchmal einfach auch das Glück des Tüchtigen. Mehr Instinkt als Können.

Fridolin Wagner

Es fehlen Mut und Emotionen

Weil die junge, unfertige Mannschaft aus der Oberpfalz anschließend das Spiel machen muss, fallen die technischen Defizite umso mehr ins Gewicht: Gegen eine bestens organisierte Osnabrücker Mannschaft fehlen den Regensburgern in der zweiten Hälfte zündende Ideen, um das Match noch einmal spannend zu machen.

Den Willen dazu kann man Michael Wimmers Team nicht absprechen – aber etwas mehr Mut, Leidenschaft und die Emotionen, die den Jahn nach dem verwehrten Elfer gegen Verl wachgeküsst hatten, hätten Wunder bewirken können.

Ein Kopfball wie ein Stich ins Herz

Früher als gedacht ist Regensburg im Spiel – ganz anders als in Köln, wo Wimmer seine verpennte Mannschaft noch im Bus wähnte: Noel Eichinger prüft nach 15 Minuten VfL-Keeper Lukas Jonsson, der sicher zupackt. Auch Florian Dietz und Eric Hottmann sorgen zunächst für Betrieb, ehe Osnabrück eiskalt zuschlägt. In Minute 27 segelt eine Flanke nach kurzer Ecke in den Strafraum, Bjørn Jacobsen und ein Jahn-Verteidiger ringen um Lufthoheit – Fridolin Wagner versucht den Abpraller zurück Richtung Tor zu köpfen, daraus resultiert eine unhaltbare Bogenlampe für Felix Gebhardt zum 1:0.

Von da an kippt die Partie. Robin Meißner hat wenig später das 2:0 auf dem Fuß, setzt aber drüber (37.). Und als sich der Jahn endlich wieder aus der Umklammerung löst, rauscht ein Distanzschuss von Regensburgs Philipp Müller knapp vorbei (43.).

VGN Nürnberg – Phase1
VGN Nürnberg – Phase1
Jahn bleibt Auswärtslooser: Nach dem Hoffnungsschimmer gegen Verl, der Rückschlag in Osnabrück. Foto: jrh

Osnabrück macht den Sack zu

Nach der Pause gibt der VfL sofort den Ton an: Schon in der 46. Minute legt Luc Ihorst quer auf Meißner, der frei stehend verzieht. Der Jahn wirkt fahrig, kommt kaum kontrolliert nach vorne – und prompt fällt die Vorentscheidung. In der 64. Minute segelt eine Flanke von Lars Kehl in den Strafraum, wo Patrick Kammerbauer den Ball elegant annimmt und mit links knapp an Gebhardt vorbei zum 2:0 einnetzt – die Bremer Brücke im Feiermodus.

Regensburg müht sich, aber weder die frischen Kräfte Benedikt Bauer, Dustin Forkel, Dejan Galjen noch Phil Beckhoff finden den Hebel. Die späte Gelegenheit für Galjen (87.) landet direkt in Jonssons Armen. Am Ende steht trotz üppiger 8 Minuten Extrazeit die sechste Saisonniederlage – und der Auftrag, gegen Saarbrücken mehr als gute Ansätze zu liefern.

Jahn bleibt auch in Osnabrück Auswärtslooser: VfL-Cheftrainer Timo Schultz. Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Jahn-Cheftrainer Michael Wimmer: „Wir waren bis zum Gegentor gut im Spiel, haben mit Noel Eichinger die erste gute Chance. Dann kassieren wir ein Tor nach einem Standard, den wir angesprochen hatten – der Ball ist eigentlich schon geklärt, das darf nie passieren, dass der da nochmal zum Kopfball kommt. Danach ist es ausgeglichen, Osnabrück hat noch eine gute Chance.

Nach der Halbzeit laden wir Osnabrück direkt zu zwei Gelegenheiten ein. Danach steht der VfL tiefer, hat gute Umschaltmomente – und uns fehlt vorne Zielstrebigkeit, Wucht, Durchsetzungsvermögen. In der zweiten Halbzeit haben wir keine einzige richtige Torchance – genau das geht uns ab. Beim Ballbesitz machen wir Fortschritte, man sieht den Weg. Aber klar: Man muss punkten. Irgendwann punkten die vor dir, dann wird der Druck größer und Prozesse im Druck zu entwickeln, ist nicht einfacher. Jetzt regenerieren, wir kommen um fünf Uhr heim – Beine frisch kriegen bis Samstag, 14 Uhr. Auf ein Neues gegen Saarbrücken – leichte Gegner gibt’s in dieser Liga sowieso nicht.“

VfL-Coach Timo Schultz: „Die erste halbe Stunde war ausgeglichen, die erste Chance hat der Jahn. Je länger das Spiel gedauert hat – vor allem die komplette zweite Halbzeit – hatten wir das Geschehen unter Kontrolle. Wir spielen uns einige Chancen heraus, vergeben auch welche, schießen aber zwei – am Ende ein verdienter Heimsieg.“

Jahn bleibt Auswärtslooser: Nach dem Hoffnungsschimmer gegen Verl, der Rückschlag in Osnabrück. Foto: jrh

VfL-Dosenöffner Fridolin Wagner (zum 1:0): „Ich wollte den Ball irgendwie nochmal scharf machen, hab mich kurz orientiert, wo das Tor steht – dass er so reinfällt, ist manchmal das Glück des Tüchtigen. Mehr Instinkt als Können. Insgesamt ein hochklassiges Spiel, weil Regensburg wirklich Fußball spielen wollte. In der ersten Halbzeit fahren beide brutal intensiv, wir haben aber schon drei, vier klare Dinger, müssen das 2:0 machen. Beim 2:0 ist die Balleroberung von Ismail ‚Isi‘ Badjie überragend, dann der Ball von Bjarke Jacobsen stark, Flanke von Lars Kehl top – und Patrick Kammerbauer nimmt ihn an wie ein Stürmer.“

Jahn-Verteidiger Felix Strauß:
„Im Aufbau zu unkonzentriert, einmal nicht aufgepasst – tolle Flanke, 2:0. Wir schenken den Ball zu leicht her, Osnabrück spielt das gut aus, das müssen wir vermeiden. Es braucht wie gegen Verl Kampfgeist, Willen – und die Präzision, vorne die richtige Entscheidung zu treffen. Es wird besser, heute hat es noch nicht gereicht.“

Jahn bleibt auch in Osnabrück Auswärtslooser: VfL-Dosenöffner Fridolin Wagner. Foto: jrh

Vorschau auf den 1. FC Saarbrücken (Samstag, 14 Uhr)

  • Tabellenstand: Saarbrücken liegt derzeit auf Rang 2 der 3. Liga mit 18 Punkten nach 9 Spielen – eine stolze Ausbeute.
  • Jahn-Regensburg: Der Jahn rangiert aktuell auf Platz 18 mit 7 Punkten aus acht Partien und einer Tordifferenz von -5.
  • Form & Momentum: Saarbrücken zeigt eine konstante Form und bleibt in vielen Spielen effektiv – zuletzt auch mit überzeugenden Heimergebnissen.
  • Historie & Ambitionen: Saarbrücken kommuniziert höhere Zielsetzungen als der Jahn, der in der jetzigen Form gegen den Abstieg kämpft.
  • Stärken & Schlüsselthemen für den Jahn:
      • Saarbrücken agiert strukturiert, geordnet und nutzt Vorteile auf den Flügeln.
      • Regensburg muss Zonenwechsel mutiger spielen, mehr Tiefe erzeugen und defensiv vor allem bei Standards hellwach sein.
      • Die Ausgangslage zwingt den Jahn, nicht nur in Absicherung zu denken, sondern auch mit Risiko zu agieren – denn Punkte gegen Saarbrücken wären eminent wertvoll.

Botschaft: Saarbrücken ist aktuell Favorit – doch in dieser Liga zählt mehr als Status: Wer an diesem Tag alles investiert, taktisch klug agiert und Fehler minimiert, hat Chancen. Der Jahn braucht Mut, Präzision und eine spürbare Reaktion nach Osnabrück.