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Gericht verurteilt 34-Jährigen wegen sexueller Nötigung - Frau in Wohnung verfolgt

Weiden. Das Amtsgericht Weiden hat am Dienstag einen 34-jährigen Tunesier wegen sexueller Nötigung zu einer Haftstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verurteilt. Er hatte im September 2024 eine Frau (37) in ihre Wohnung in der Weidener Altstadt verfolgt und massiv bedrängt.

Gericht verurteilt 34-Jährigen wegen sexueller Nötigung - Frau in Wohnung verfolgt

Angeklagt der sexuellen Nötigung: der Angeklagte mit einem Übersetzer, rechts Staatsanwältin Susanne Pamler. Foto: Christine Ascherl

Die Frau holte auf ungewöhnliche Weise Hilfe. Sie startete auf der Flucht vor dem Unbekannten einen Livestream auf Facebook. Zwei Bekannte in Trier und Hamburg sahen unabhängig voneinander das alarmierende Video und riefen die Polizei. An die Polizeiinspektion Weiden ging die Meldung von einem sexuellen Übergriff, der sich aktuell abspiele. Die Streife kam gerade noch rechtzeitig. Der Angeklagte befand sich bereits in der Wohnung der Frau. Er fasste sie gegen ihren Willen an und versuchte sie immer wieder zu küssen. Sie flehte wiederkehrend: “No, no, please, please. Nein, bitte geh, bitte. Let me alone.”

Abschiebeflug war schon gebucht

Richter Hans-Jürgen Schnappauf, Vorsitzender des Schöffengerichts, geht mit dem Angeklagten hart ins Gericht. “Dieser Fall ist leider, leider ein Paradebeispiel für die zurzeit aufgeheizte gesellschaftliche Diskussion.” Seit 2023 ist der tunesische Staatsangehörige im Land. Seitdem hat er fünf Vorstrafen in Heidelberg, München, Regensburg und Weiden kassiert (Bedrohung, Diebstahl, Drogenbesitz). “Das kann man nicht tolerieren.” Von jeder Person könne verlangt werden, dass “sie sich im Gastland ordentlich aufführt”.

Ein Nein ist ein Nein. No means no. Das gilt weltweit. In Deutschland, in Grönland, auch in Arabien und im Islam.

Richter Hans-Jürgen Schnappauf

Als sich die Attacke auf die 37-jährige Frau ereignete, saß der Angeklagte schon fast im Abschiebeflugzeug nach Tunesien. Der Mann war zu dieser Zeit von der Regierung der Oberpfalz einer Unterkunft in Weiden zugeteilt. Er war rechtskräftig zur Abschiebung vorgesehen. Sein Flug war nach Auskunft von Staatsanwältin Susanne Pamler für 2. Oktober 2024 gebucht. In der Nacht zum 14. September 2024 traf der Mann in einer Bar in der Altstadt auf sein Opfer.

Facebook-Freunde in Trier und Hamburg rufen Polizei

Von Beginn habe er sie körperlich bedrängt, kam ihr immer näher, fasste sie an den Schultern. Der 1,80-Mann rückte der wesentlich kleineren Frau (1,55) derart auf den Leib, dass sich die 37-Jährige hilfesuchend an den Türsteher wandte. Der Security-Mann warf den Angeklagten aus dem Lokal. Als die Frau gegen 5 Uhr morgens ihren Heimweg (rund 600 Meter) antrat, ahnte sie nichts Schlimmes. Am Unteren Markt bemerkte sie den Verfolger. Schon da startete sie einen Livestream, um auf ihre Notlage aufmerksam zu machen.

Warum kein Notruf bei der Polizei? “Das habe ich sie natürlich auch gefragt”, sagt der ermittelnde Kripobeamte. Zwei Erklärungen: Zum einen bewegte sich die Frau damals viel in ihren Social-Media-Accounts. Zum anderen habe sie die Polizei nicht vielleicht müßig behelligen wollen.

Geschädigte schon einmal Opfer sexueller Gewalt

Die Geschädigte sagt nicht selbst vor Gericht aus. Sie ist nach Auskunft ihres Psychologen schwer traumatisiert. Hintergrund: Die 37-Jährige ist schon in ihrer Jugend Opfer sexueller Gewalt geworden. Die Livestream-Videos konnten von der Kripo Weiden gesichert werden. Sie dauern quälende 30 Minuten und werden im Gerichtssaal abgespielt. Manchmal ist der Bildschirm schwarz und nur der Ton zu hören. Mal liegt das Handy in der Handtasche, dann legt sie es auf der Treppe ab.

Zoigltermine
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Den ganzen Weg über fleht die Frau ihren Verfolger an, doch endlich zu gehen und sie nicht mehr anzufassen. Zweimal wähnt sie sich schon in Sicherheit, man hört sie flüstern: “Er ist weg.” Weit gefehlt. Am Ende taucht er im Innenhof des Altstadthauses wieder auf. Als sie vor ihrer Wohnung nach dem Schlüssel kramt, steht er im Flur und schiebt den Fuß in die Tür. “Sie weint, sie schreit, sie bettelt”, so die Staatsanwältin. Der Angreifer lässt nicht von hier ab, raunt immer nur “alles gut, alles gut”. Seine DNA findet sich im Gesicht, am Hals, am Dekolleté.

Kurz bevor die Polizei klingelt und klopft, knickt ihr Widerstand ein. Man hört sie sagen: “Ich glaube, ich habe es verdient, ich muss mich nur anpassen.” Sie fürchtet eine Eskalation der Situation. Der Kripobeamte berichtet: “Sie hat sich allein und verlassen gefühlt. Schon den ganzen Weg kam kein Auto, kein Mensch.” Sie habe gefürchtet “abgestochen zu werden”.

Dank an Facebook-Follower

Verteidiger Rouven Colbatz ist letztlich zu verdanken, dass das retraumatisierte Opfer nicht aussagen muss. Er überzeugt seinen Mandanten von einem Geständnis, was diesem letztlich einen Abschlag von mindestens einem Jahr einbringt. Zur Verteidigung bringt Colbatz das ambivalente Verhalten des Opfers vor. Zudem seien die Berührungen eher im “unteren Bereich” einzuordnen.

Richter Schnappauf ist sich sicher: “Man kann sich vorstellen, wozu es gekommen wäre, wenn die Polizei nicht gekommen wäre.” Er honoriert das Verhalten der beiden Facebook-Follower, die morgens um 5 Uhr die Notrufnummern wählten. Der Angeklagte nimmt das Urteil eher trotzig entgegen. Noch ist es nicht rechtskräftig. Rechtsmittel (Berufung und Revision) sind möglich.