Die Plädoyers im Prozess gegen Immobilienmakler
Die Plädoyers im Prozess gegen Immobilienmakler

Landgericht verurteilt Immobilienmakler zu 7,5 Jahren Haft: Skrupellos Existenzen ruiniert
Weiden. Das Landgericht hat einen Immobilienmakler (45) zu 7,5 Jahren Haft verurteilt. Er habe sich des gewerbsmäßigen Betrugs schuldig gemacht. Der Richter geht mit ihm hart ins Gericht: Skrupellos habe der Angeklagte Existenzen ruiniert - nur um mit der Breitling am Arm im Porsche herumfahren zu können.
Letztes Opfer sagt aus: Noch Anfang 2025 überwiesen
Am Mittwochmorgen wurden noch die letzten zwei Zeugen gehört. Ein Geschädigter aus Niederbayern berichtete, dass er noch bis Februar 2025 rund 300.000 Euro an den Angeklagten überwiesen hat. Das Gericht hörte außerdem den Ermittlungsleiter der Kripo, der den Fall von einer erkrankten Kollegin übernommen hat. Die Ermittlungen gegen den Immobilienmakler begannen 2016. Zweimal nahm ihn die Kripo fest (2021 und im April 2024), in beiden Fällen erließ das Amtsgericht die beantragten Haftbefehle nicht.
Staatsanwalt erklärt lange Verfahrensdauer
Thema der Plädoyers war dann auch die lange Verfahrensdauer. “Das System S. ist gescheitert, endlich gescheitert”, sagte Staatsanwalt Matthias Bauer. “Endlich kann aus Sicht vieler Geschädigter Gerechtigkeit eintreten.” Der Staatsanwalt widersprach dem Eindruck, “den hat man zu lange laufen lassen”. Aus juristischer Sicht sei dem nicht so.
Hintergrund der langen Verfahrensdauer sei die Vielzahl der Ermittlungen, immer neue kamen hinzu. “Man kann sich das spiegelbildlich als Eisberg vorstellen, der im Ozean treibt.” Anfangs ragte nur eine Spitze aus dem Meer empor. Einige Geschädigte, die Anzeige erstatteten. Viele hielten still, weil kleinere Zahlungen eingingen. “Aber der Eisberg ragte immer weiter heraus.”
Betrug liegt nur vor, wenn kein Zahlungswille vorhanden ist. Es sei Teil des “Systems S.” gewesen, diese Zahlungsbereitschaft vorzutäuschen und damit letztlich die Inhaftierung zu verhindern. Rückzahlungen erfolgten immer dann, wenn frisches Geld einging und massiv Druck gemacht wurde. Dieses Schneeball-System gehörte zur “Masche des Angeklagten”: “Das war verdammt schwierig zu greifen.” Die Bilanzbuchhalterin der Kripo zählte am Ende über 50 Drittkonten, über die der Angeklagte seine Gelder laufen ließ. Umso wertvoller sei die Arbeit der Ermittler zu bewerten, denen er ausdrücklich dankte.
Geständnis: “Blanker Hohn”
Es habe am Ende drei Anläufe gebraucht, den Angeklagten im Frühjahr 2025 endgültig in Haft zu bringen. Selbst nach den Verhaftungen von 2021 und 2024 kam es zu weiteren Taten. “Er hat immer weitergemacht. Ich fürchte: Wenn er am Tag X entlassen wird, wird er in gleicher Weise weitermachen”, sagt der Staatsanwalt.
Harte Worte fand Matthias Bauer für die Einlassung des Angeklagten am letzten Prozesstag: “Humbug.” Im Geständnis sei keinerlei Reue und Schuldeinsicht ersichtlich geworden. Der Angeklagte sprach von “Fehlern”, seiner “festen Überzeugung”, dass er die Darlehensgeber bezahlen würde – durch “ehrliche Arbeit”. Der Staatsanwalt sagt: “blanker Hohn” und “leeres Geschwafel”.
Wenn der Angeklagte willens gewesen wäre, die Darlehen zurückzahlen, hätte er seinen luxuriösen Lebensstil zurückgefahren: “Dann fahre ich nicht den 7er BMW. Sondern den 3er.” Die Gelder der Betrogenen dienten nur der persönlichen Bereicherung. Sechsstellige Summen flossen in Leihautos: “Porsche, Maserati, BMW M6 Coupé.” Zudem habe der 45-Jährige seine “Kreditkarte zum Glühen gebracht”, eine sechsstellige Summe ging für Urlaube drauf.
Das ist der luxuriöseste Lebensstil, den man sich vorstellen kann, und dann spricht er von ehrlicher Arbeit. Er hat sich persönlich bereichert. Nichts anderes.
Staatsanwalt Matthias Bauer
Auch Verteidiger Oliver Plate ging auf die lange Verfahrensdauer ein. Er hält die Dauer für mitursächlich, dass sich der Betrug so ausweitete: “ein Domino-Effekt.” Die Ermittlungen hatten 2016 ihren Anfang genommen. Da ging es um Provisionsbetrug bei Versicherungen. Der Verteidiger wirft den Ermittlern vor, nie das ehrliche Einkommen des Angeklagten festgestellt zu haben, sondern 2018 einen Vermögensarrest über die gesamten Provisionszahlungen erwirkt zu haben. “Innerhalb kürzester Zeit stand er mit einer Million Euro in der Kreide.” Es folgte das Insolvenzverfahren.
“Er war schachmatt. Aber das war nicht die Natur des Angeklagten: Er hat gekämpft”, verteidigte ihn Plate. Im Immobiliengeschäft habe sein Mandant Gewinnchancen gesehen, selbst wenn – das räumt auch der Anwalt ein – nichts davon realisiert wurde.
Plate sprach von einem “Abgleiten”, dem “Überleben unter Ausschluss sämtlicher Perspektiven”. Wäre das Ermittlungsverfahren 2018 beendet gewesen, wäre es dann zu neuen Ermittlungsverfahren gekommen? Der Verteidiger sah einen “staatlichen Anteil an der Eskalation”: “Er hat betrogen. Aber er ist ein Mann, der gefallen ist und dem man jede Chance zur Rehabilitation genommen hat.” Seine wirtschaftliche Existenz sei vernichtet, dazu käme der Verlust des Kontakts zu seinen Kindern.
Im letzten Wort sagte der Angeklagte: “Ich schließe mich den Ausführungen meines Anwalts an und möchte mich einmal entschuldigen.”
Das Urteil wird heute, 14 Uhr, verkündet.
Er hat betrogen. Aber er ist ein Mann, der gefallen ist und dem man jede Chance zur Rehabilitation genommen hat.
Verteidiger Oliver Plate




