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80 Jahre nach Kriegsende – Eindrucksvolles Gedenken in Oberbibrach

Oberbibrach. Am 19. April 1945 beschießt eine US-Panzereinheit die Ortschaft Oberbibrach. Vorausgegangen war der sinnlose Versuch durch versprengte SS-Einheiten, ein US-Aufklärungsflugzeug zu bekämpfen. 80 Jahre später gedenkt das Dorf der tragischen Ereignisse.

Oberbibrach. Am 19. April 1945 beschießt eine US-Panzereinheit die Ortschaft Oberbibrach. Vorausgegangen war der sinnlose Versuch durch versprengte SS-Einheiten, ein US-Aufklärungsflugzeug zu bekämpfen. 80 Jahre später gedenkt das Dorf der tragischen Ereignisse.
Im Rahmen des Gedenktages legte Bürgermeister Dr. Alexander Goller mit Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Oberbibrach am Ehrenmal für die Toten des 19. April 1945 einen Kranz nieder. Ein Gebet sprach Pater Adrian Kugler, Prior des Klosters Speinshart. Foto: Robert Dotzauer

80 Jahre nach Kriegsende – Eindrucksvolles Gedenken in Oberbibrach

Das Jahr 2025 steht im Zeichen der Erinnerung an 1945. Einem der tiefsten Einschnitte in der deutschen Geschichte und auch in der über 900-jährigen Geschichte Oberbibrachs. Im alten Friedhof des Dorfes erinnert neben dem Haupteingang zur Expositurkirche Sankt Johannes nicht nur ein Mahnmal an die Opfer beider Weltkriege an die Schicksalsjahre. Gegenüber der Gedenkstätte heißt es auf einem weiteren steinernen Monument „Gedenket der Opfer des 19. April 1945“.

Auch Berliner Soldat James Pydde unter den Opfern

Auf dem restaurierten Denkmal aus Sandstein stehen sechs Namen von Menschen, die an diesem Tag bei einem Granathagel von US-Kampfverbänden auf Oberbibrach ums Leben kamen: Ortspfarrer Augustin Johannes Hilburger, ein Prämonstratenser der Abtei Speinshart, Theresia, Hans und Michael Henfling, Johann Baptist Schöcklmann und der Berliner Soldat James Pydde, der in den Wirren der letzten Weltkriegstage in Oberbibrach standrechtlich erschossen wurde, nur weil er helfen wollte.

Es war ein tragischer 19. April 1945, ein Donnerstag mit sechs Toten, zahlreichen Verwundeten und vernichtenden Spreng- und Brandgranaten, die Teile des Dorfes in Schutt und Asche legten. 80 Jahre danach würdigten die Oberbibracher im Gedenken an diesen Schreckenstag auf Initiative der Gemeinde Vorbach mit Bürgermeister Dr. Alexander Goller die Ereignisse mit einem Gedenkgottesdienst. Anschließen wurden Kränze am Mahnmal niedergelegt. Diesem Zeremoniell folgte eine Gedenkveranstaltung im großen Saal des Schützenhauses St. Sebastian.

Bemerkenswerte Erinnerungskultur

Mit dem Gedenktag zeigten die „Biwricher“ eine bemerkenswerte Erinnerungskultur, mitgetragen von allen Vereinen und der KSK Vorbach, die bereits beim Kirchzug mit ihren Fahnenabordnungen „Flagge zeigten“.

Dazu gehörte der Appell von Ortspfarrer Pater Adrian in der Predigt, sich gegen das Vergessen zu wenden und bereit zu sein, aus der Vergangenheit zu lernen, Impulse der Bescheidenheit zu setzen und der Barmherzigkeit Raum zu geben. Zudem mahnte der Seelsorger mit Blick auf das Johannes-Evangelium über die Heilung des blinden Bartimäus, Blindheiten zu überwinden und sich nicht am täglichen Wetterbericht und den aktuellen Börsenkursen als Gradmesser allgemeiner Befindlichkeiten zu orientieren.

Historischer Rückblick

Den Auftakt der Gedenkversammlung im Schützenhaus bildete nach dem musikalischen Auftakt durch die Stadtkapelle Eschenbach ein historischer Blick von Bürgermeister Goller auf die Zusammenhänge der NS-Ideologie, die gepaart gewesen sei von einer bedingungslosen Selbstzerstörung des geistigen Klimas und dem Terror gegen die eigene Bevölkerung. Einer Gemengelage, die auch auf dem Lande und in Oberbibrach zu Tod und Unglück geführt habe.

Zoigltermine
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Ein spannender Kurzfilm aus einer US-Doku-Reihe zeigte den Einmarsch der 11. US-Panzerverbände in die Region. Die beklemmenden Aufzeichnungen der US-Militärberichterstattung einschließlich der Momentaufnahmen des brennenden Oberbibrachs kommentierte Sigurd Burucker, Kenner der Oberbibracher Geschichte und Leiter des Oberbibracher Heimatmuseums.

Oberbibrach in Flammen: Die US-Truppen filmten ihren Vormarsch im April 1945. Foto: Robert Dotzauer

Dokumentationsecke

Ergänzt wurde der Rückblick durch Aufzeichnungen von Sigurd Burucker mit der Überschrift „Wie die Amerikaner zu uns kamen“. Der Heimatpfleger nutzte als Quellen den Zeitgeschichtler Toni Siegert, vor allem die Erinnerungen des ehemaligen Bürgermeisters Hans Hübner sowie Informationen aus dem Buch “Sie kommen! Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz”, das in der Neuauflage zum Kauf bereit stand. Die Gemeinde zeigte eine Sonderausstellung über 80 Jahre Kriegsende mit Bildern der gefallenen Soldaten aus dem Gemeindebereich und Zeitungsberichten.

Zeitzeugen berichten

Es gab auch Zeitzeugen-Berichte zu hören. Zweite Bürgermeisterin Irmi Bauer zitierte aus protokollierten Erinnerungen von Anton Schecklmann, Jahrgang 1937, damals Bauernbub in Unterbibrach: „Zwei Stunden nach dem Beschuss Oberbibrachs kamen die US-Soldaten auch zu uns auf den Hof und durchsuchten alle Gebäude. Der Schreck war riesengroß. Mir fiel auf, dass sie es auf Hühnereier abgesehen hatten. Ein schwarzer Soldat gab mir einen Kaugummi.“ Ausführlich schildert Schecklmann die nach Kriegsende angeordnete Zwangswirtschaft.

Über die Erkenntnisse des Klosters Speinshart berichtete Prior Adrian Kugler. Aus der Klosterchronik verlas der Chorherr Aufzeichnungen des damaligen Prälaten Gereon Motyka. Dieser berichtet über Erkenntnisse zum Tod des Mitbruders Augustin Hilburger durch die Explosion einer Granate im Pfarrgarten. Den brandgeschädigten Familien sei bereits einen Tag später Hilfe des Klosters zuteil geworden.

Oberbibrach Kriegsende
Im vollbesetzten Saal des Schützenhauses moderierten Bürgermeister Dr. Alexander Goller, Sigurd Burucker und zweite Bürgermeisterin Irmi Bauer (von rechts) den Gedenkabend. Foto: Robert Dotzauer