Blue-Devils-Serie (3): Kabine, Charakter, Kader – warum ein Team von innen wächst
Blue-Devils-Serie (3): Kabine, Charakter, Kader – warum ein Team von innen wächst
„Alle bleiben auf ihrem Posten, weil sie ihren Job gut gemacht haben.“ Stephan Seegers Statement ist keine Selbstverständlichkeit in diesem Geschäft. Der neue Präsident ist eben kein Eroberer, der kam, sah und sanierte. „Es ist keine gute Idee, Verantwortliche wie Franz zu ersetzen“, spricht er Geschäftsführer Vodermeier sein vertrauen aus. „Ich sehe wie gut, wie hart er arbeitet.“
Die Finanzierungslücke bei den Blue Devils war nicht auf Misswirtschaft der Vereinsführung zurückzuführen. „Keiner von uns ist Magier“, sagt Seeger, „wir können nicht jedes finanzielle Problem wegzaubern – aber wir arbeiten daran.“ Der Präsident hat weder Trainer Sebastian Buchwieser noch Sportchef Jürgen Rumrich ausgetauscht.
Diese Reportage ist Teil 3 einer mehrteiligen Reihe über die neue Ära der Blue Devils Weiden: Wie der deutsch-kanadische Hockey-Enthusiast Stephan Seeger, Geschäftsführer Franz Vodermeier, Sportchef Jürgen Rumrich und Trainer Sebastian Buchwieser versuchen, gemeinsam eine Vision zu verwirklichen, die nur gemeinsam funktionieren kann. Jede Folge beleuchtet einen anderen Aspekt – von Seegers Vision über die nordamerikanische Hockeykultur bis zur wirtschaftlichen Perspektive und Erwartungen an die Zukunft.
Stadt mit Eishockey-Geschichte
„Die wichtigsten Stützen sind geblieben“, betont Seeger, „ihr seht Franz hier, ihr seht Jürgen, ihr seht Bassa (Anm. d. Red. Trainer Buchwieser).“ Ein Trio, auf dem die Birch-Group baut. „Mach weiter so, Bassa“, neckt er Buchwieser gerne. „Du bist Trainer des Jahres. Oberliga oder jetzt DL2, vielleicht gewinnst du nächstes Jahr wieder.“ Seeger weiß, dass er nicht täglich vor Ort sein kann – also braucht er Menschen, auf die sich die Mannschaft verlässt und die das emotionale Fundament des Vereins bilden.
„Die kennen die Spieler, die kennen die Sponsoren, die kennen die Stadt“, sagt er. Ein eingespieltes Führungstrio ist für ihn kein Luxus, sondern tragende Statik. Ohne sie kann man keinen Verein entwickeln, schon gar nicht in einer Stadt, in der Nähe und Vertrauen so stark zählen wie in Weiden. „Eure Stadt hat eine große Eishockeygeschichte, das ist nicht selbstverständlich. Als ich nach Deutschland kam, dachte ich, dass hier alle Fußball lieben.“
Kabine, Charakter, Kader – ein Organismus
Für Seeger entscheidet sich Erfolg dort, wo kein Fan hinsieht: in der Kabine. „Wenn die Kabine stimmt, stimmt fast alles“, sagt er. „Wenn man in einen Verein kommt und beobachtet Konflikte und Spannungen zwischen den wichtigsten Spielern, dann ist das meistens ein Alarmzeichen dafür, dass der Club auseinanderzufallen droht – hier war das nicht der Fall“, freut sich der Präsident über intakte Strukturen. „Wir wissen, dass wir starke Mitarbeiter und starke Schlüsselpersonen haben.“
Ein Team braucht Reibung, aber keine Risse. „Bassa leitet eine sehr gute Kabine“, lobt er den Trainer. „Ich halte es nicht für angemessen, jeden Tag direkt mit ihm zu sprechen.“ Das würde nur Sand ins Getriebe streuen. „Ich war lange Zeit Trainer auf verschiedenen Ebenen und würde das auch nicht mögen.“ Und Rumrich bringe Erfahrung und Menschenkenntnis in die Kaderplanung ein: „Jürgen und ich sprechen hauptsächlich über Dinge auf dem Eis“, erklärt Seeger. „Er weiß, welche Charaktere miteinander funktionieren und welche Konstellationen eine Saison tragen.“
Harmonische Kaderplanung
Sportchef Jürgen Rumrich bringt einen Erfahrungsschatz mit, den man in der DEL2 nicht oft findet: 182 Länderspiele, ein DEL-All-Star-Game 2002, dazu Führungspositionen bei den Schwenninger Wild Wings und den Tölzer Löwen. Seit 2022 ist er sportlicher Leiter der Blue Devils – und das Zusammenspiel mit Stephan Seeger wird, wie er selbst sagt, „immer enger“. Rumrich beschreibt es im „Powerplay-Podcast“ so: „Wir tauschen uns mehr aus, er ist aktiver beim sportlichen Geschehen dabei. Bisher läuft das gut.“ Beide seien bei der Kaderplanung die einzelnen Positionen durchgegangen: Man war sich schnell einig, dass die Mannschaft jünger und schneller werden müsse.
Der Austausch sei „reger“ gewesen als bisher, besonders bei Importspielern, wo Seeger über seine nordamerikanischen Kontakte zusätzliche Optionen einbringen konnte. Spieler wie Tommy Muck oder Tyler Ward wollte er unbedingt halten, McNiven war ein Fixpunkt – und der Kader wurde deutlich verjüngt: von 29,8 auf 25,7 Jahre, mit nur noch drei Ü30-Spielern. Rumrich betont aber: „Es bringt nichts, den Kader nur quantitativ zu vergrößern – die Qualität und Wirtschaftlichkeit müssen passen.“ Aktuell sehe er keinen Handlungsbedarf. Dass er sich in Weiden wohlfühlt, hängt nicht nur mit der Arbeit zusammen:
Wir haben wirklich was bewegt – und ich bin sehr gerne im Sommer in der Altstadt, wenn alle draußen sitzen.
Jürgen Rumrich
Der Trainer des Jahres zweier Ligen
Trainer Sebastian „Bassa“ Buchwieser steht für Kontinuität, Kompetenz und Charakter. Seit vier Jahren prägt er als Cheftrainer den Verein, führte die Blue Devils erst zurück an die Spitze der Oberliga, dann in die DEL2 – und wurde dafür dreifach ausgezeichnet: zweimal Trainer des Jahres in der Oberliga Süd, einmal Trainer des Jahres in der DEL2. „Was mir besonders imponiert hat, war die geschlossene Unterstützung der gesamten Vereinsführung in der schwierigen Phase im Oktober und November. Schon damals wollten sie mit mir verlängern.“
Dieses Vertrauen hat mich sehr beeindruckt.
Sebastian Buchwieser
Normalerweise steht ein Trainer nach einer Niederlagenserie zur Diskussion – in Weiden war das Gegenteil der Fall. Sportchef Rumrich unterstreicht: „Bassa hat einen enormen Anteil an der sportlichen Entwicklung. Er führt die Mannschaft nicht nur mit Fachwissen und taktischem Gespür, sondern auch mit seiner starken Kommunikation und seinem herausragenden Charakter.“ Mit dieser Haltung gelang der Aufstieg, die Etablierung in der DEL2 und zuletzt der souveräne Weg ins Playoff-Viertelfinale. Für Buchwieser ist Weiden deshalb kein Zwischenstopp, sondern ein Projekt, das er weiter gestalten will: „Meine Arbeit hier ist noch nicht beendet.“
Warum gute Spieler nach Weiden kommen
Wer die größeren Schecks ausstellt, bekommt normalerweise die besseren Spieler. Dass es nicht immer so sein muss, auch dafür hat Stephan Seeger eine Erklärung. „Entweder man hat viel Geld, wie die New York Yankees oder die Los Angeles Dodgers, die dieses Jahr ihren Titel in der World Series gegen die Toronto Blue Jays verteidigten – man stelle sich den Unterschied zu deren Budgets vor.“ Entweder man sei als sportlicher Krösus oder man mache es wie die Blue Devils Weiden:
Man braucht einen guten Trainer und ein gutes Management – Hockeyspieler gehen am liebsten dorthin, wo sie willkommen sind, wo sie gebraucht werden, wo sie Eiszeit bekommen. Es ist eine Frage der Balance.
Stephan Seeger
Eishockey-Cracks sind eben auch nur Menschen: Sie wollen sich willkommen fühlen, ernst genommen werden, nicht als Nummer behandelt werden, die ausgetauscht wird, sobald es einmal nicht mehr so gut läuft. In Weiden finden sie, was an größeren Standorten oft verloren ging: Nähe, Verlässlichkeit, jemand, der sich kümmert. Wenn er wissen will, wie gut ein Verein funktioniert, spricht Seeger deshalb zuerst mit den Spielern. Sie waren es schließlich auch, die ihn nach Weiden geführt haben – mit ihrer Wertschätzung für Trainer, Sportchef, Halle und Fans.
Wenn du die Wahrheit hören willst, frag die Spieler.
Stephan Seeger
Struktur als Rückgrat – nicht als Kettenhemd
Für Seeger ist Struktur kein starres Regelwerk, sondern ein System verlässlicher Abläufe. Der Trainer trainiert. Der Sportchef baut den Kader. Der Geschäftsführer sorgt für Stabilität. Der Präsident gibt Orientierung, bringt sein Netzwerk ein. Dieses Rollenverständnis verhindert Kurzschlussreaktionen, überhitzte Debatten und teure Schnellschüsse. Kontinuität ist für ihn kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung dafür, dass eine Mannschaft überhaupt Vertrauen entwickeln kann.
Was bei Seeger auffällt: Er spricht nie über Kabine, Charakter und Kader als getrennte Themen. Für ihn ist es ein Verbundsystem. Wenn die Kabine trägt, spielt die Mannschaft besser. Wenn die Mannschaft besser spielt, begeistert sie die Fans. Begeisterte Fans überzeugen Sponsoren. Und Sponsorentreue schafft den Spielraum, sportlich zu investieren. So entsteht ein Kreislauf, der sich gegenseitig verstärkt – und der aus Weiden langfristig einen stabilen Standort macht.
Nächster Teil: „Pizza, Bier, Bubble-Hockey – und der Versuch, Weiden wirtschaftlich breiter aufzustellen“

Blue Devils Weiden: Zwei schnelle Gegentreffer endscheiden das Oberpfalzderby
Weiden. Am Ende verlor nicht die schlechtere Mannschaft, aber das kräftezehrende Freitagspiel steckte noch in den Knochen der Blue Devils und so gab es keine Punkte.
Weidens Werk und Seegers Beitrag
Der größte Unterschied zu früheren Eigentümerstrukturen lässt sich laut Stephan Seeger nicht in erster Linie am Budget festmachen, sondern an der Nähe zum Sport. „Wir sind dran an dem, was auf dem Eis passiert“, sagt er. Entscheidungen werden schneller, weil der Austausch mit Sportchef Jürgen Rumrich funktioniert – und weil Seeger in Nordamerika über ein belastbares Netzwerk verfügt.
Ein Beispiel: Als kurzfristig ein Spieler benötigt wurde, griff Seeger zum Telefon – zehn Minuten später stand ein geeigneter Kandidat bereit. Für ihn zeigt das, wie sehr ein Verein von klaren Rollen und guten Leuten profitiert. Rumrich sei der Vollzeit-General-Manager, der das Tagesgeschäft trägt. „Und ich kann und will auch nicht das tun, was Franz macht“, sagt er. Vodermeier halte den operativen Laden zusammen.
Seine Aufgabe als Präsident sieht Seeger darin, Erfahrung im Umgang mit Spielern, Nachwuchs und Eishockeykultur einzubringen – ohne sich einzumischen, aber präsent genug, um zu helfen, wenn es wichtig ist. „Ich leiste meinen Beitrag und dabei haben wir bisher viel Spaß zusammen.“




