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Live-Ticker zweiter Tag Champagner-Prozess - Zeugen aus dem Restaurant: Es war die Hölle

Weiden. Am heutigen Freitag beginnt um 9 Uhr der zweite Tag im Champagner-Prozess. Es werden die ersten Zeugen erwartetet, die am Schicksalsabend im Restaurant waren. OberpfalzECHO informiert euch per Live-Ticker.

Weiden. Am heutigen Freitag beginnt um 9 Uhr der zweite Tag im Champagner-Prozess. Es werden die ersten Zeugen erwartetet, die am Schicksalsabend im Restaurant waren.  OberpfalzECHO informiert euch per Live-Ticker.
Eröffnung des zweiten Sitzungstags. Foto: Christine Ascherl

Live-Ticker zweiter Tag Champagner-Prozess - Zeugen aus dem Restaurant: Es war die Hölle

[11.30 Uhr] Die Verhandlung ist damit für heute beendet. Fortsetzung am 22. Dezember 2025, Zeugen sind unter anderem Gäste, die Vergiftungen erlitten.

[11.20 Uhr] Letzter Zeuge des Tages ist ein städtischer Angestellter (45). Er war ebenfalls Gast im “La Vita”. Mit Arbeitskollegen und Freunden sei man zunächst im “Pallas” zum Essen gewesen. Es sei der erste Abend nach den Corona-Beschränkungen gewesen, man war in Feierlaune. Im “Il Baretto” gab es keinen Platz mehr, deshalb sei man ins “La Vita”, wo noch Musik lief. “Es war ein totaler schöner, lustiger Abend.” 

Die Clique am Nachbartisch habe berichtet, dass man die Teilnahme an der TV-Sendung feiere. Die Flasche Champagner wurde hereingetragen, mit Sterndl-Werfern und viel Brimborium. “Wir könnten uns gern ein Glas nehmen und mit anstoßen.” Der städtische Angestellte wollte keinen Champagner, sein Freund griff zu. “Ihn hat’s auch erwischt.” 

Leute fielen um, hatten Schaum vor dem Mund. “Wir hatten keine Ahnung was los ist.” Manche dachten an ein Leck in der Gas-Leitung, von Blausäure war die Rede. Gemeinsam mit seinen Freunden habe er versucht, die Verletzten aus dem Gebäude zu bringen. “Es war wie ein schlechter Horror-Film.” Die Vergifteten zeigten “unmenschliche Kräfte”, machten seltsame Verrenkungen.

Er und seine Runde hätten versucht, den Rettungskräften zu helfen, wie es nur ging. Der Mitarbeiter der Stadt Weiden nennt die Namen seiner Kollegen und Freunde, die dabei waren. Auch der Freund, der genippt hatte, half anfangs noch mit. Bei ihm zeigte sich die Wirkung mit 20, 30 Minuten Verzögerung. Dann verlor auch er das Bewusstsein.

Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film. Alles so unwahr.

Restaurantbesucherin (41)

Restaurant-Besucherin schildert: “Meine Freundin sagte, sie werde jetzt sterben”

[11 Uhr] Die 41-jährige Restaurantbesucherin trinkt nie. Sie war stocknüchtern, als das Unheil seinen Lauf nahm. Sie hatte das Öffnen der Flasche beobachtet, auch das Eingießen in die farbigen Acryl-Gläser. Es sei recht dunkel gewesen, die Flüssigkeit nicht zu erkennen. Nach dem Anstoßen habe ihre Freundin gesagt: “Ich habe jetzt Gift getrunken und werde jetzt sterben.” Ich sagte: “Komm, Schmarrn.” Die Freundin – von Beruf Intensivkrankenschwester – sei ganz weiß geworden, habe dann in Panik laut geschrien und wild um sich geschlagen. Die 41-Jährige rief bei der Polizei an. “Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film. Alles so unwahr.”

OTH Amberg-Weiden
OTH Amberg-Weiden

Sie habe die Freundin nach draußen geführt, dort sackte diese zu Boden. Als sie noch einmal ins Restaurant lief, um deren Jacke zu holen, fand sie eine surreale Szene vor: “Alle haben geschrien, geweint.” Menschen lagen am Boden. Dann trafen die Rettungskräfte ein: Blaulicht bis vor zum Alten Rathaus. Ein Hubschrauber kreiste.

Die Altstadt war während des Einsatzes abgesperrt. Screenshot: Redaktion

[10.55 Uhr] Fortsetzung mit der vierten Zeugin des Tages. Es handelt sich um eine Zahntechnikerin (41) aus Weiden. Sie war damals mit einer Freundin zu Gast im Restaurant “La Vita”. Der Tisch mit der Freundes-Clique war nicht weit, man kannte sich vom Vorabend. Der Teilnehmer der TV-Show hatte die zwei Freundinnen zur Party am Samstag eingeladen. 

“Uns wurden zum Anstoßen Champagner-Gläser gereicht”, erzählt die 41-Jährige. “Ich trinke normalerweise keinen Alkohol.” Sie hatte nur “anstandshalber nippen” wollen. “Deshalb habe ich vielleicht ein wenig länger gebraucht, um das Glas zum Mund zu führen.” Da hieß es schon, das schmecke nicht. “Und dann ging das schon los, dass alle umfielen.”

Kellner des “La Vita”: “Es war die Hölle”

[10.25 Uhr] Auf Nachfrage von Richterin Vera Höcht schildert der Kellner die Situation vor dem Öffnen der Flasche. Die Freundesclique saß rund um einen Tisch. Sie waren Stammgäste. Der Ober kannte die Männer und Frauen beim Namen, auch der später verstorbene Harry war ihm bekannt.

[10 Uhr] Zweiter Zeuge, zweiter Prozesstag: Der zweite Zeuge (53) war damals im “La Vita” als Kellner beschäftigt. Er berichtet von der Nacht: Für ihn war es kurz vor Feierabend.

Er hatte schon seine Jacke angezogen und die Tasche in der Hand. Er wollte noch einen Schluck Cola trinken, weil er müde war und heimfahren wollte. Er schildert, wie die Restaurantleiterin zu Boden fiel. Der Chef lief hin zu ihr und sagte: “Was ist los, steh auf?” Andere Gäste rüttelten an ihr. “Es  war schrecklich.” Und plötzlich fiel noch ein Gast zu Boden. “Irgendwas stimmte nicht.” 

Nach etwa einer halben Stunde kam die Polizei. Überall lagen die Leute: “Ich sagte: Was ist da los, da herin?” Stammgäste lagen am Boden, eine Frau sei Richtung Toilette getaumelt. Mit anderen Gästen trug er die Verletzten vors Haus. “Es war die Hölle.”

Für ihn war klar, dass die Ursache der vermeintliche Champagner war. Testweise habe er aus der Drei-Liter-Flasche eine Probe in ein Cola-Glas geschüttet. Das habe ausgesehen wie Traubensaft.

10 Uhr Rückkehr aus der Unterbrechungspause. Die Anwälte Alexander Stevens und Philip Müller mit ihrem niederländischen Mandanten. Foto: Christine Ascherl

Baretto-Barkeeper öffnete die Flasche: “Mir ist nichts aufgefallen”

[9.20 Uhr] Der Eindruck des Baretto-Geschäftsführers von der Situation im “La Vita”: “Die Leute liefen steif rum, waren nicht ansprechbar, starrer Blick, ganz komisch. Die Chefin lag auf dem Boden.” Gemeinsam mit dem italienischen Wirt habe er eine Probe in ein Glas gefüllt: Die Flüssigkeit war ganz leicht lilafarben, “so pastellig”. Man stand vor einem Rätsel.

“Ich habe gegoogelt wie ein Blöder.” Im Internet fand er einen Artikel, dass Champagner in Fässern reife, die mit Blausäure ausgewaschen würden. “Ich dachte, das könnte es sein.” Diesen Hinweis habe er den Rettungssanitätern gegeben. “Dann ging das alles seinen Weg, alles war voll mit Polizei und Rettungswagen.” Er sei von der Polizei mit zur Vernehmung genommen waren. “Es hieß: Ein Mann sei verstorben.”

“Ich habe mir sehr lang große Vorwürfe gemacht.” Er habe damals “schnell, schnell” gemacht und sei den Abend immer wieder durchgegangen.

[9.15 Uhr] Der Geschäftsführer des Baretto hatte an dem Abend eigentlich gar nicht arbeiten wollen, weil er einen positiven Corona-Test hatte. Der Chef des “La Vita” bestand darauf, weil man in beiden Lokalen knapp besetzt war. Am späten Abend holte ihn die Restaurantleiterin ins “La Vita” nach gegenüber, um die Drei-Liter-Flasche zu öffnen.

“Ich habe die Flasche aufgeschnitten, aufgezogen, die war auch komplett verplompt, versiegelt. Mir wäre nichts aufgefallen.” Er habe die blickdichten Original-Imperial-Ice-Gläser eingeschenkt und sei wieder in die Bar zurückgelaufen, weil er alleine Dienst hatte.

“Nach zehn Minuten kam eine Kellnerin aus dem La Vita gelaufen. Da sei etwas passiert. Die laufen rum wie die Zombis und die Chefin liege auf dem Boden.”

[9.05 Uhr] Erster Zeuge ist der damalige Geschäftsführer des Schwesterlokals des “La Vita”, der gegenüberliegenden Bar “Il Baretto”. Der 40-Jährige berichtet, wie man zu der Flasche Champagner gekommen sei. Für den Samstag hatte sich kurzfristig eine Gruppe angesagt. Die Clique wollte die Teilnahme eines Freundes an der TV-Sendung “Take me out” feiern. Dazu habe man gezielt eine größere Flasche des süßen Champagners “Moet Chandon Ice Imperial” geordert.

Der Barkeeper sagt, er sei in der Folge alle möglichen Getränkehändler erfolglos abgefahren. “Ich konnte keinen auftreiben.” Er habe den Tipp bekommen auf einen Privatmann, der privat mit Champagner handle. Mit diesem Mann sei man in den Wochen vorher schon ins Geschäft gekommen, kurz vor Silvester habe man von ihm schon vier, fünf Flaschen “Moet” und “Dom Perignon” gekauft. Das “Baretto” hatte zu dieser Zeit gerade neu eröffnet, Champagner war das In-Getränk.

Der Privatmann hatte eine Drei-Liter-Flasche zuhause, mit der er seinen Geburtstag hatte feiern wollen, der dann wegen Corona abgesagt worden war. Dort habe die Flasche abgeholt, berichtet der Baretto-Chef. Kostenpunkt: “So 400, 500 Euro.”  

“Die Flasche war versiegelt und lag in einer Holzbox.” 

Prozess Champagner Landgericht Weiden Theo
Eröffnung des zweiten Sitzungstags. Foto: Christine Ascherl

[9.03 Uhr] Richter Peter Werner eröffnet die Sitzung. Eine Reihe von Auslandszeugen haben abgesagt, informiert Werner. Die niederländischen Ermittlungsbeamten werden aber erwartet.

[8.45 Uhr] Der Angeklagte wird aus der Justizvollzugsanstalt Amberg vorgeführt.

Der angeklagte Theo G. am zweiten Prozesstag. Foto: Christine Ascherl

Live-Ticker startet um 9 Uhr.

Um das geht es im Prozess: Kurzfassung

  • Vor Gericht steht der Niederländer Theo G. (46) aus Arnheim, ein früherer Festival-Veranstalter und Eisdielenbesitzer.
  • Ihm soll die Flasche “Moët & Chandon” ursprünglich gehört haben, die statt Champagner verflüssigte MDMA-Base enthielt. MDMA-Base ist der Wirkstoff von Ectasy. Die Flasche diente als Tarnung für den Drogenschmuggel.
  • Laut Anklage wurde die Flasche 2019 aus einer Lagerbox in Arnheim geklaut. Sie wurde – im Irrglauben, es handle sich um Champagner – weiterverkauft. Über Ebay landete sie bei einem Privatmann in der Oberpfalz. Dieser öffnete sie nicht, weil seine Party wegen Corona ausfiel.
  • Er verkaufte sie 2022 an das Restaurant “La Vita” in Weiden, wo sie in den Ausschank kam. Ein Mann (52) starb, sieben Männer und Frauen erlitten schwerste Vergiftungen.

So lief der erste Prozesstag:

Erster Prozesstag: Theo G. beschreibt sich als party guy

Erster Prozesstag: Theo G. beschreibt sich als party guy

“I’m a party guy!” Zum Prozessauftakt wegen des tödlichen “Champagners” hat der Angeklagte aus seinem Leben erzählt. Es geht sehr viel um Partys, Festivals und Drogen. Einen Bezug zu der Flasche streitet er ab.